Eine Woche Reha liegt hinter mir

So langsam gefällt mir die Reha. Mein Physiotherapeut ist echt sein Geld wert. Die Übungen, die er sich für mein Bein ausgedacht hat, sind zwar anstrengend, aber hinterher fühle ich mich deutlich agiler. 

 

Mein absolutes Highlight ist die Wassergymnastik. Ich stelle die Krücken neben der Treppe, die ins Wasser führt ab, humple mit Hennendäpperle zur ersten Stufe, dort kann ich mich mit den Händen am beidseitigen Geländer festhalten und immer tiefer ins Becken steigen. Ganz unten angekommen, fühle ich mich wie geheilt: Das

Der unscheinbare Eingang in die Klinik im Hofgarten...
Der unscheinbare Eingang in die Klinik im Hofgarten...

Laufen - vor 30 Sekunden noch schmerzhaft (ohne Krücken) - und jetzt schwebe ich im Zeitlupentempo in angenehm temperierten Wasser von einem Fuß auf den anderen. Das ist echt super. Auch die Übungen der Therapeutinnen gelingen auf Anhieb. 

 

Ein Rinnsal auf dem Weg in den Schloßsee...
Ein Rinnsal auf dem Weg in den Schloßsee...

Der Hammer kommt, wenn ich wieder aus dem Wasser steige: Stufe für Stufe wird mein Körper wieder schwer wie Blei - das ist kaum zu glauben. Und konnte ich im Wasser gerade noch hurtig nach links und rechts springen, außerhalb sind wieder kleine Schritte und der Griff nach den am Beckenrand wartenden Krücken angesagt, ohne die ich einfach noch nicht sein kann.

 

Der Auftrieb des Wassers hilft eben enorm, die Schwerkraft zu überlisten und Muskeln, Bänder und Sehnen wieder zu stärken.


Eine weitere wohltuende Anwendung ist der Lymphamat: Man liegt auf einer Liege und das Bein mit der neuen Hüfte kommt in einen überdimensionalen doppelwandigen weichen Stiefel, der zwischen seinen Außenwänden mit Luft gefüllt wird. Der Stiefel ist in 12 Kammern unterteilt und in diese


Kammern wird nun langsam von unten nach oben Luft gepumpt. Dadurch wird das Gewebe sanft von der Ferse her nach oben massiert, die Durchblutung des Lymphsystems wird stimuliert, so dass Schwellungen und eingelagertes Wasser abgebaut werden. Haben die einzelnen Kammern einen bestimmten Druck erreicht, dann entweicht die Luft aus allen Kammern und das Aufpumpen beginnt von vorn. Ein weiterer Vorteil bei dieser Behandlung ist die Tatsache, dass ich nach 5 Minuten in einen erholsamen Dämmerschlaf versinke.

Abgerundet wird die Therapie durch gezielte Übungen in der Muckibude wie Beinpresse, Ergometer, Dehnübungen an der Sprossenwand, Koordination und Abduktionstrainer. Hinzu kommt noch die Elektrotherapie, die ein angenehmes Kribbeln im Hüftbereich verursacht. Bei der ersten Anwendung allerdings war anfangs vermutlich die Stromstärke zu hoch eingestellt und - um zu verhindern, dass ich im Anschluss mit einem Loch in meinem  Oberschenkel herumlaufen musste, rief ich doch lautstark nach der lieben Schwester, die das Gerät dann neu einstellte.

Die Narbe und die Stiche der Klammern  verwächst sich langsam...
Die Narbe und die Stiche der Klammern verwächst sich langsam...

Abgerundet wird die Therapie durch gezielte Übungen in der Muckibude wie Beinpresse, Ergometer, Dehnübungen an der Sprossenwand, Koordination und Abduktionstrainer.

 

Hinzu kommt noch die Elektrotherapie, die ein angenehmes Kribbeln im Hüftbereich verursacht. Bei der ersten Anwendung allerdings war anfangs vermutlich die Stromstärke zu hoch eingestellt und - um zu verhindern, dass ich im Anschluss mit einem Loch in meinem  Oberschenkel herumlaufen musste, rief ich doch lautstark nach der lieben Schwester, die das Gerät dann neu einstellte.


Vergangene Woche habe ich mit meinen Krücken immerhin 37 km geschafft. Mal sehen, wie es nächste Woche aussieht...


Bad Waldsee - der Stadtsee und der Schloßsee

Der Stadtsee...
Der Stadtsee...

Der Stadtsee, der wie der Name schon sagt der Stadt gehört, ist knapp 20 Fußballfelder (15 ha) groß. Die Wassertiefe beträgt 11 Meter. Würden alle Waldseer das Wasser des Stadtsees trinken wollen, so würde dieser Wasservorrat fast ein ganzes Jahr reichen.

 

Im Strandbad (Bild links) tummeln sich im Sommer die Badehosen und Bikinis - heute lässt sich leider nur der Stadtschwan blicken. Das beheizte Freibad liegt direkt nebenan. Im Winter ist der Stadtsee meist zugefroren, dann tummeln sich die Schlittschuhläufer auf dem Eis.


Der Schloßsee, der sich auf der anderen Seite der Altstadt befindet, ist im Gegensatz zum Stadtsee sehr naturbelassen. Man kann ihn zwar auch umrunden, der Weg führt jedoch sehr selten direkt zum See, da sich die Grundstücke um den See in Privatbesitz befinden.

 

Den besten Blick hat man vom Park, hinter der Klinik im Hofgarten, der grenzt direkt an den Schloßsee. Hier kann man sich auch auf einige Sitzgelegenheiten freuen, die direkt am See installiert sind. Von meinem Zimmer in der Klinik kann ich den See durch blühende Bäume erkennen - sehr idyllisch.

Nur für das geschulte Auge... der Schloßsee...
Nur für das geschulte Auge... der Schloßsee...

Beide Seen entstanden durch das Schmelzwasser des Rheingletschers in der letzten Eiszeit (vor 16.000 Jahren). Gespeist werden beide Seen durch den Urbach, der erst in den Stadtsee fließt und als Pfaffenbach diesen verlässt, um sich mit dem Wasser des Schloßsees zu vermischen.

Der Hörtrichter...
Der Hörtrichter...
Meine Krücken haben eine Pause verdient...
Meine Krücken haben eine Pause verdient...
Direkt am See...
Direkt am See...

Mir geht es in der Zwischenzeit immer besser. Die Fortschritte von Tag zu Tag sind zwar klein, jedoch in der Summe ist es dann doch spürbar. Der Oberschenkel ist noch etwas geschwollen und im Operationsbereich ziemlich gefühllos, jedoch kein Vergleich zu den Tagen nach der OP. Wenn das Wetter etwas freundlicher wäre, dann könnte ich mich noch mehr in der frischen Luft bewegen, so muss ich immer in den Himmel schauen, ob da nicht wieder ein Regenguss von oben im Anmarsch ist. 



Bad Waldsee - erste Erkundung mit Krücken

Blick über den Stadtsee auf die Altstadt...
Blick über den Stadtsee auf die Altstadt...
Verkehrsinsel auf dem Fußgänger-Sonntagsnachmittags-Spazierweg...
Verkehrsinsel auf dem Fußgänger-Sonntagsnachmittags-Spazierweg...

Bad Waldsee hat etwas über 20.000 Einwohner und ist über die Landesgrenzen bekannt als Kneipkurort. Wobei "Ort" falsch ist, da Bad Waldsee seit dem 01.01.2022 zur großen Kreisstadt ernannt wurde. Zwischen 2 Seen eingebettet liegt die wirklich sehenswerte historische Altstadt auf einer Höhe von ca. 580 Metern.

Der Federlebrunnen...
Der Federlebrunnen...

Die Figur - das Federle symbolisiert den Teufel zur Zeit der Hexenverbrennung im Jahre 1585. Besonders Witwen warf man damals vor, mit dem Teufel zu verkehren. Nicht ohne Hintergedanken... denn wurden diese dann schlussendlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt, konnte man sich deren hab und Gut bemächtigen.

Das Federle war also der Verführer - der Teufel. Er trug einen schwarzen Hut mit einer Feder. Die Feder war ein Symbol der Doppelzüngigkeit. 1935 bekam Waldsee (damals hieß es noch Waldsee und nicht Bad 


Waldsee) das Recht, zur Faschingszeit eigene Masken herzustellen. Das Federle war eine der ersten Masken, die in Waldsee angefertigt wurden. 

Blick auf das Museum...
Blick auf das Museum...
Blick auf den frisch gebügelten Stadtsee...
Blick auf den frisch gebügelten Stadtsee...

Das Museum ist nach Coronapause 2023 wieder geöffnet. Es bietet oberschwäbischen Künstlern die Chance, ihre 

Historisches Rathaus...
Historisches Rathaus...

Werke in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die Waldseer Geschichte wird in vielen Sammlungen des Museums präsentiert, sowie auch das bürgerliche Leben und das Handwerk der vergangenen Zeiten.

Das historische Rathaus wurde 1456 vom damaligen Bürgermeister - er war auch Baumeister - erbaut. Waldsee zählte damals ca. 500 Einwohner. Nicht alle Entscheidungen, die damals vom Magistrat getroffen wurden, können heute gut geheißen werden. Der Überlieferung nach wurden 1586 allein 17 Frauen als Hexen verbrannt.


Ab in die Reha...

Anne hat mich pünktlich in Bad Waldsee in der Klinik im Hofgarten abgeliefert. Von der Strasse aus sind die zur Klinik gehörenden Gebäude kaum sichtbar. In unmittelbarer Nähe zum Schloss, das bis zum Ende des 18. Jahrhunderts der Sitz der edlen Herren von Waldburg-Wolfegg-Waldsee war, steht die Klinik inmitten einer hübschen Parkanlage, die die Größe von 27 Fußballfeldern hat (27.500 m²).

Schloss Bad Waldsee
Schloss Bad Waldsee

Die Nutzfläche der Klinik, die 1989 gegründet wurde, beträgt ca. 16.000 m², das sind ca. 100 normale Einfamilienhäuser und der umbaute Raum übertrifft mit ca. 68.000 m³ das Ulmer Münster bei Weitem. Der Räume sind deren viele - ich war gerade mit dem Zählen derselben beschäftigt, als mir ein freundlicher Mitarbeiter die Arbeit abnahm: 546 seien es und ich will ihm mal Glauben schenken.

 

Ca. 800 Tonnen Baustahl und 10.000 Kubikmeter Beton wurden für die 2 Bettenhäuser, das Ärztehaus und Badehaus verbaut. Die Fliesenleger hatten knapp 

 


4.000m² zu belegen, die Gipser verputzten ca. 10.000m² Wände und die Elektriker verlegten 235.000 Meter Kabel. Über 35 Kilometer Rohre der unterschiedlichsten Art wurden von den Lüftungs-, Heizungsbauern und Installateuren verlegt. Die Zimmerleute installierten über 1.000 Kubikmeter Holz und die Dachdecker belegten knapp 7.000 m² mit Biberschwänzen, damit es in der Klinik auch bei Regen trocken bleibt. 

Da das neue Klinikgebäude in einem Feuchtgebiet liegt, mussten 220 Betonpfähle mit einem max. Durchmesser von 1,25m auf die tief liegende Kiesmoräne gesetzt werden (Gesamtlänge der Pfähle ca. 5.500 Meter), damit die Häuser stabil stehen bleiben und nicht im 

s'Brückle übern Schloßbach...
s'Brückle übern Schloßbach...
Gesehen beim Schloßsee...
Gesehen beim Schloßsee...

schlammigen Brei der Seekreide versinken. So konnten die Bodenleger schlussendlich über 18.000 m² Fußboden verlegen.

Blick auf die unspektakulär wirkende Klinik im Hofgarten...
Blick auf die unspektakulär wirkende Klinik im Hofgarten...
Interessante Bäume gibt es am Schloßsee zu sehen
Interessante Bäume gibt es am Schloßsee zu sehen


Endlich ist das Ersatzteil da...

...und auch schon eingebaut - meine neue Hüfte rechts. Am 02.04.2023, ein verregneter Sonntag war es soweit. Anne fuhr mich in die Klinik nach Blaubeuren am schönen Blautopf. Eine Nacht verbrachte ich noch mit meiner doch in die Jahre gekommenen Hüfte. Aber ich konnte es kaum erwarten, endlich ein neues Teil in meinen Oberschenkel reingehämmert zu bekommen. In den letzten paar Monaten hatten die Schmerzen doch immer etwas zugenommen und ich dachte ja immer: Da machste mal einen Termin im Krankenhaus und 3 Tage später liegst du auf dem OP-Tisch. Weit gefehlt... auf einen Untersuchungstermin wartete ich erst mal 2 Monate und auf die OP dann noch einmal 2 Monate. 

Tags darauf gegen 11 Uhr schob mich dann eine Krankenschwester in die Anästhesie. Ein Zugang links war schnell gelegt - meine Venen sind ja noch gut zu finden - und der Narkosearzt schickte mich ins Land der Träume. Den Op-Saal konnte ich nicht mal schemenhaft wahrnehmen, geschweige denn die netten OP-Schwestern.

Als gegen 14 Uhr wieder ein Lichtstrahl auf meine Augen traf, sah ich eine fast leere Flasche über mir baumeln.

Ich wollte mein rechtes Bein mal testweise bewegen, stellte jedoch sofort fest, dass sich die Muskulatur noch im Tiefschlaf befand.

Ok, dann schau ich mir eben die Stelle an, wo die Ärzte das Messer ansetzten. Ich war begeistert - die Wunde war großflächig mit


einem wasserdichten Pflaster abgeklebt unter dem sich eine weiße Wundauflage in Wabenstruktur verbarg. Eine Naht oder einen Faden suchte ich zunächst vergebens, bis ich die Klammern entdeckte, mit denen der Schnitt zugetackert wurde.

Die Zeit im Krankenhaus Blaubeuren verging sehr schnell. Eine Physiotherapeutin zeigte mir, wie man die Krücken, die auf hochdeutsch wohl "Unterarmgehstützen" heißen, benutzen sollte. Man braucht heutzutage eben für alles einen Lehrgang. Meine Physiotante hatte für mich mal erst den 3-Punkt-Gang geplant: Also immer beide Krücken und das operierte Bein gemeinsam nach vorne auf den Boden setzen, belasten und im Anschluss das gesunde Bein vorsetzen...

Ich gab mein Bestes - allein es reichte nicht... Als ich schmerzgebeugt wie ein angeschossener Affe den Gang entlang humpelte, meinte meine Physio - die mich dabei nicht aus ihren Blicken ließ - ich solle mich um einen aufrechten Gang bemühen. Ich hätte ihr in dem Moment am liebsten mal ne neue Hüfte eingebaut, damit sie merkt, dass ein aufrechter Gang nach der OP einfach nicht geht...

Das Highlight war dann ein Tag später. Ich sollte den 3-Punkt-Gang vergessen - und den konnte ich jetzt wirklich verdammt gut - ich sollte den 4-Punkt-Gang üben. Und den hat mit vermutlich schon meine Mama gentechnisch in die Wiege gelegt. Es dauerte daher nicht lange, bis mich meine Physiotherapeutin an die nach unten führende Treppe dirigierte. Linke Hand an den Handlauf links, das operierte Bein und die Krücke gemeinsam ne Stufe tiefer und das gesunde Bein nachholen, dann wieder von vorne...

Ein Stockwerk tiefer hieß es dann drehen und wieder hoch: Nun erst das gesunde Bein eine Stufe hoch, das kranke und die Krücken stützen von der unteren Stufe. Mit beiden Händen abdrücken und das kranke Bein neben das gesunde stellen, und dann wieder von vorne...