Wenn ich so im Nachhinein an unsere Reise mit dem Rad von Sankt Petersburg nach - und durch Estland, Lettland und Litauen denke, so fangen sicherlich meine Augen an zu glänzen und ein Lächeln überzieht mein Gesicht...
Es war sicher die schönste Reise, die wir bislang unternommen haben. Es ist einfach etwas anderes als Hawaii, Mexiko, Thailand, Hongkong oder wo immer wir auch waren - bei diesen Reisen war immer alles fremd-organisiert. Uns wurde immer gesagt, wann wir wo warum und überhaupt sein sollten. Bei einer Radreise trifft das so nicht zu.
Schon im Vorfeld schadet es sich nicht, sich über den Reiseablauf einige Gedanken zu machen. Und wenn ich sage Gedanken, dann meine ich:
Und ich muss sagen - Planung ist die halbe Miete...
Ein Plan zu haben bedeutet ja: Ziele haben, die erreicht werden sollen - und das hat auf unserer Reise ausnahmslos super funktioniert. Das weitaus Wichtigste (zumindest auf russischen Strassen) - manche mögen lächeln - ist ein tadellos eingestellter und sauberer Rückspiegel, um den Verkehr, der sich von hinten nähert, im linken Auge zu behalten. Zeitgleich muss natürlich auch der Verkehr, der von vorne auf einen zukommt, mit dem rechten registriert werden. Erkennt man beispielsweise im Rückspiegel einen LKW und (im rechten) Auge irgendwelchen Gegenverkehr, dann tut man gut daran, sein Rad auf den Seitenstreifen (egal wie sein Zustand ist) zu steuern. Ich würde nicht mal meine Schwiegermutter drauf verwetten, ob ein russischer LKW-Fahrer wegen einem - oder zwei - Radlern auf die Bremse steht... Ist von vorne kein Verkehr zu erwarten, dann sieht man im Rückspiegel die LKWs ausscheren und in gebührendem Abstand an einem vorbei brausen - das ist ok.
Genau so wichtig wie der Rückspiegel ist eine Warnweste, die - über den Rucksack gezogen - im Wind weithin sichtbar - flattert. Diese Sicherheitsvorkehrungen sind wirklich nur notwendig auf russischen Schnellstraßen mit viel Verkehr. Nach 3 Tagen auf Russlands Strassen, sah ich ganze 2 Fahrräder. Kein Wunder also, dass man dort so eine Art Fremdkörper ist...
Wirklich schöne Erinnerungen (und das ist das Zweitwichtigste) habe ich auch an all die Menschen, die wir - wo auch immer - angetroffen haben. Durch die Bank - alle waren ganz super freundlich und hilfsbereit - trotz der nicht wegzudiskutierenden Sprachbarriere. Ja, das war nicht so wie in Deutschland, wo das ICH, der eigene Vorteil und "keine Zeit" meist an erster Stelle stehen (zum Kotzen). Nein, in jedem Land durch das wir kamen, haben sich die Leute, die wir angesprochen haben, ein Bein ausgerissen, um uns zu helfen. Sei es bei der Suche nach einer Unterkunft, nach einem Insektenschutzmittel oder bei der Suche nach jemanden, der einige Brocken Englisch versteht. Da fühlt man sich so richtig als Mensch unter (nur netten) Menschen - und das tut der Seele gut.
Wer auch immer eine Reise in dieser Art durchführen will - wir sind gerne bereit über unsere Erfahrungen zu plaudern.
In Celle war es eine kurze Nacht. Um 7 Uhr saßen wir schon beim Frühstück. Da wir für einen IC, der sich ja wesentlich schneller auf den Schienen bewegt als so ein RegioExpress, keine Radplätze mehr bekamen, mussten wir uns noch bis Göttingen mit einem Bummelzug begnügen. Ab Göttingen ging es dann flott nach Stuttgart - schnell ein letztes Mal noch umsteigen. Und was sehen meine Pupillen an der Anzeigetafel? Der Zug (also der, in den wir umsteigen sollten) fällt aus. Ja prima - das läuft ja wieder super, dachte ich mir - also gingen wir in den naheliegenden Biergarten im Schloßpark und genossen ein kühles Radler. Eine Stunde später... rein in den Zug. In diesen wollte nun natürlich die doppelte Portion an Mitreisenden, entsprechend eng war es... Damit nicht genug. Der Zug fuhr nicht zu unserem Zielbahnhof, sondern nur bis Geislingen - dann Schienenersatzverkehr - also ein Bus. Als wir die Schlange vor dem einzigen Bus sahen, der da dann am Bahnhof in Geislingen stand, fingen wir locker an zu treten - das Wetter war ja geradezu ideal und die Strecke kannten wir ja nur allzu gut...
Um es vorauszuschicken... Ich bin nicht aus dem Bett gefallen. Die Nacht war ruhig - ich bin zwar ein paar Mal aufgewacht, das leichte Schaukeln der Fähre hat mich aber immer wieder in das Tal der Träume zurück geschickt. Vor dem Frühstück ein Blick aus der Fenster zeigte deutlich wo ich war: Auf dem Wasser.
Das Frühstück war nun (fast) schon typisch deutsch. Dann schauten wir mal auf Deck. Der Wind pfiff hier ordentlich und ohne Windjacke war das nicht auszuhalten. Also holten wir diese aus der Kajüte und erkundeten Deck 6 und 7.
Auf Deck 6 fanden wir einige Sitzbänke - sehr windgeschützt. Sogleich machten wir uns auf einer breit und genossen die morgentliche Sonne in vollen Zügen. Als sich die Fähre dann dem Kieler Hafen näherte, war es Zeit, unsere Sachen zu packen und dem Einlaufen des Schiffes zuzusehen. Als der Kahn dann seine Parkposition erreicht hatte, begleitete uns ein Crewmitglied nach unten in den Bauch des Schiffes, wo unsere Räder immer noch ordentlich an der Schiffswand angeschnürt waren. Und just zu diesem Zeitpunkt öffnete Petrus wieder seine Schleusen. Also hüpften wir mal wieder in unsere Regenklamotten und radelten zu Bahnhof.
Dort angekommen wollte ich mit dem Aufzug nach oben fahren - da waren die Gleise. Ich rein in den Aufzug - krieg ich jetzt ne Krise? Da passte doch tatsächlich mein Rad nicht rein, entweder war mein Rad zu lang oder der Aufzug zu kurz... oder eben beides. Ich wollte gerade mein Rad wieder rückwärts raus schieben, da hatten sich auch bereits andere Leutchen mit Rädchen und Kinderwägen vor dem Aufzug versammelt. Mit den lautstarken Worten: "Bitte wieder zurück treten - heiß und fettig" konnte ich mir den nötigen Platz verschaffen und wanderte zur Rolltreppe. Also wir sind ja schon öfters mit voll bepackten Rädern Rolltreppe gefahren... Aber die Kieler verhinderten auch das gekonnt, indem sie vor der Rolltreppe eine Engstelle einbauten, durch die ich mit meinem Packesel auch nicht kam. Also blieb mir nichts anderes übrig als mein Rad die Stufen hoch zu hiefen.
Der Rest war dann locker - rein in den Zug und ab nach Celle, wo wir so gegen 21 Uhr ankamen.
Der letzte Tag in Klaipeda ist angebrochen. Wir packen nach dem Frühstück unsere Sachen. Anne geht noch auf Shopping Tour - ich beschäftige mich mit der Radroute vom Hotel zum Fährhafen, das dürften noch so ca. 14 km zu radeln sein. Gegen 12 Uhr verlassen wir dann gemeinsam unsere Hotel, packen alle Taschen auf die Räder und setzen uns in Bewegung. Der Wind bläst heute mal wieder überaus kräftig, so dass der Aufenthalt in den zügigen Straßen wirklich kein Genuss ist.
Da ganz in der Nähe des Hotels eine katholische Kirche stand, machten wir einen kleinen Umweg. Sie war jedoch - wie so viele Kirchen - verschlossen. So dass wir einen letzten zum Hafen unternahmen. Der Wind jedoch peitschte uns gleich in ein von Glaswänden umgebenes Café...
Nachdem der letzte Snack mit einem leckeren Glas Bier weit unten im Magen gelandet war, nahmen wir Kurs auf den Fährhafen. Der Wind blies so kräftig von hinten, dass sich das Treten der Pedale fast erübrigte. Direkt am Weg ein riesiges Maxima-Kaufhaus, das mussten wir natürlich auch noch besichtigen. Innen erst mal, linker Hand, eine prächtige Schmuckstraße - natürlich viel Bernstein und Gold - alles hell und einladend bestrahlt. Auf der rechten Seite ein Einkaufszentrum, in dem ich mich zu verlaufen drohte. Weitere Shops folgten. Wir holten uns noch - vorbeugend - in einer Apotheke Reisetabletten, um das ungewohnte Auf und Ab des Schiffs auch heil zu überstehen. Dann aber war es an der Zeit, unsere Fähre aufzusuchen.
Das Einchecken war etwas chaotisch, aber für uns jetzt nicht wirklich schlimm - denn - wo ich bin, ist vorne...
Die Boardkarten geholt, dann wieder aufs Rad und die letzten Meter in den Bauch der nicht gerade kleinen Fähre gerollt. Ein freundlicher Mitarbeiter band sogleich unsere Räder an die Bordwand und schickte uns einige Stockwerke nach oben. Wir schleppte unsere Gepäcktaschen hoch, durchquerten einige Gänge und fanden uns an Deck 5 wieder. Nun noch die richtige Kabine gesucht - gefunden - die Türe öffnete sich nach Einschieben der Keykarte (das war ja nicht immer so) und wir betraten die gute Stube. Ich war überrascht, die Größe war durchaus akzeptabel, Dusche und Toilette vom Feinsten, kurz und gut - wir waren voll zufrieden.
Wir bewegten uns in den Speisesaal, das Buffet war sehr ok - und warteten auf den Start der Fähre, die immer noch beladen wurde. Gegen 22 Uhr hörten wir das Brummeln der Motoren und das Ufer bewegt sich scheinbar vom Schiff nach hinten. Müde schaukelte ich ins Land der Träume...
Unsere Unterkunft war zwar wirklich super - die Vermieterin sprach sogar ein hervorragendes Deutsch - aber ein Frühstück bot sie leider nicht an. Deshalb waren am hellen Morgen - noch vor dem Frühstück ca. 200 m Fußweg zu bewältigen, um zu einem - fast schon typisch deutschen - Frühstück zu kommen. Litauen ist mit seinen 3 Millionen Einwohnern der größte (über 65.000 Quadratkilometer) der 3 baltischen Ländern, die wir nun mit dem Radl bereisten. Die deutsche Sprache verschwand nie so ganz aus Nida - wohl auch, weil es immer ein beliebtes Urlaubsziel der Deutschen war. Unsere Vermieterin erzählte, dass ihre Oma und ihr Opa auch bereits Zimmer vermieteten. So war es kein Wunder, dass von manchen Frühstückstischen Wortfetzen an meinem Ohr ankamen, die ich auf Anhieb verstand... und das war schon ca. 3 Wochen nicht mehr so...
Die Fähre vor dem Start nach Klaipeda. Für 2 Stunden konnten wir uns es mal so richtig gemütlich machen und mussten nicht selbst strampeln, um vorwärts zu kommen. Ganz oben sitzt der, der als letztes von Bord gehen muss... wir sitzen unten in einer sehr geräumigen Kabine. Aber - was ich nicht verstanden habe -warum hat der Kapitän immer noch Luft, während uns Passagieren vielleicht schon bald das Wasser bis Oberkante Unterlippe steht? Irgendwie ungerecht, dachte ich. Aber was kann denn auf so einer Überführt denn schon passieren. Jede Menge PS trieben uns und die Crew - bestehend aus einem Kassier, An- und Ablegekoordinator, Radfestzurrer, Fernsehbildwiederhersteller, Toilettenmännchen und für Ordnung Sorgender in einer Person, 2 Mädchen, die für unser Seelenwohl zuständig waren und der Kapitän - da kann ja nichts passieren...
Nach - es war sicherlich schon über eine Stunde vergangen, da heulte der Motor plötzlich einige Male auf - es klang wie bei einem Motorradrennen, wenn beim Start die Piloten die Motoren in freudiger Erwartung aufheulen lassen - wobei das Schiff - und es war deutlich zu erkennen - sind keinen Meter mehr vorwärts bewegte. - Stille - alle Passagiere hielten den Atem an und starrten auf den Kerl, der für so vieles zuständig war. Der war in etwa so erschrocken wie wir - eilte die Treppe zum Kapitän hoch - kam wieder runter - sagte kein Wort. Was aber weiter ja nicht tragisch war, wir hätten ihn ja doch nicht verstanden.
Ich sagte noch so locker:"Wir sitzen sicher auf einer Sandbank..." Ich bin bestimmt kein Fischer oder Schiffer - aber ich sollte recht behalten. Das Haff ist im Durchschnitt nur etwas über 3 m tief und das Schiff fährt ja nicht wirklich auf Schienen - so dass ein paar Meter links oder rechts schon mal auf eine Düne (unter Wasser) führen können. Ich richtete mich schon auf einige Stunden "Warten auf den Abschleppdienst" ein (macht das denn auch der ADAC?). Aber der Kapitän warf den Motor wieder an - das Wasser um das Schiff wurde dunkel - gefärbt vom aufgewirbelten Sand - das Schiff bewegte sich ganz langsam etwas rückwärts, dann etwas vorwärts - das Männchen für Alles rannte fieberhaft von vorne nach hinten und von hinten nach vorne - während sich alle Passagiere sichtbar ganz leicht machten, um dem Motor die bestmögliche Unterstützung zu bieten...
Und - ein Aufatmen aller Insassen war deutlich zu sehen - das Wasser neben dem Schiff bewegte sich wieder nach hinten und das Schiff nahm langsam aber sicher seine - zunächst etwas kurvige Fahrt auf - dann klang der Ton der Motoren so wie noch vor 20 Minuten - ein herrliches Geräusch. Auch das Ufers zog wieder in der bekannten Geschwindigkeit an uns vorüber...
Das kann eigentlich nur ein gutes Omen für die morgige Fährfahrt von Klaipeda nach Kiel sein. Dat dauert 22 Stunden, wir haben ja in Litauen noch eine Stunde "Vorsprung" und dann sind es nur noch 21 Stunden. Und - was schön ist... auf der morgigen Route ist der Abstand von Ostsee-Oberkante zum Meeresboden etwas grösser - das Dumme ist, wenn die morgige Fähre auf eine Sandbank laufen sollte, dann müssen wir wohl etwas länger auf den ADAC warten...
Die Sonne lacht durch das Dachfenster unseres Zimmers und wir genießen unser Frühstück. Heute ist ja ein relativ ruhiger Tag. Der Plan: Mit der Fähre von Klaipeda nach Smiltyne und dann mit dem Rad nach Nida auf die kurische Nehrung. Anne freundet sich mit dem Ticketautomaten an, der die Tickets für die Fähre feil bietet. Meine Frage: "Hast du denn auch ein Ticket für mich?" wird mit einem lockeren: "Aber natürlich" beantwortet. Als wir dann schlussendlich unsere Räder durchs Drehkreuz schieben wollten, und der Barcodeleser 2 Tickets scannen wollte, wir ja aber nur einen Barcode besaßen, bat uns der Oberticketkontrolleur höflich aber bestimmt noch einmal an den Automaten, um noch so ein Teil zu ziehen. Anne löste auch diese Aufgabe mit Bravour (sie verwaltet die Reisepässe und ist für sämtliche Ausgaben - also auch für Tickets verantwortlich...). Schnauf - wir waren pünktlich auf der Fähre...
Der Radweg nach Nida war eine helle Freude: Kein einziges Auto - und es waren ja immerhin über 50 km. Wir fuhren durch ganz verschiedene Vegetationformen. Hohe Wälder wechselten sich mit niederen Kiefernwälder ab. Mal wurde der Blick auf die Ostsee freigegeben - mal auf das kurische Haff. Häufig schlängelt sich der Weg wellenförmig und kurvig zugleich durch die vielfältige Dünenlandschaft. Nicht nur ein Genuss für das Auge - nein - auch die reinste Wonne für Seele und Geist. Und wenn der Körper nach einem Eis verlangte, dann kam auch - nach 20 km - ein kleiner Eisstand, der diese Tüten im Überfluss hatte.
In Nida angekommen, ging es erst mal in eine windgeschützte Kleinanlage, die mit Tischen und Bänken zum Verweilen ausgestattet war. Die Besitzer hatten sich auf den Verkauf von Speisen und Getränken spezialisiert, und wir waren nur allzu gerne bereit, diese in ihrem Wirken zu unterstützen. Anne konnte sich endlich ihre schon seit Tagen ins Auge gefasste "Rote Beete Suppe" zu Gemüte führen - ich tendierte zu Fischigem.
Wenn man bedenkt, dass Nida 3 x neu aufgebaut werden musste, weil es immer wieder (naja, das dauerte schon etwas) versandete. Es gab ja mal die ganz Schlauen, die fast die komplette kurische Nehrung abholzen ließen. Dann jedoch fand der Sand keinen Halt mehr und wurde auf die Haffseite verweht, so dass noch 13 weitere Dörfer einfach im Sande versanken. Nur gut, dass es auf der schwäbischen Alb so gut wie keinen Sand gibt.
Der letzte Tag in Lettland - ich denke, es sind noch so 30 km bis zur Grenze nach Litauen. Das Frühstück ist heute mal wieder flach... Wir haben uns Trinkjoghurt besorgt, Brot, Wurst und Käse, da es in unserem "Bienenhaus" kein Frühstück gibt. Und während wir so auf unserem Frühstück herumbeissen, prasselt plötzlich - und der Himmel über uns ist eigentlich noch blau - ein satter Regenguss herab. In Gedanken verlängern wir schon das Frühstück - als es auch schon wieder aufhört...
Wir starten und sind erst mal erstaunt... Als wir auf die Hauptstraße einbiegen, ging ein freudiges Raunen durch die Räder. Asphalt, keine 5 Tage alt - keine Flicken oder Löcher. Für 24 km sollte es so bleiben. 2 mal kam eine Baustelle, in der eine Fahrspur gesperrt war und er Verkehr über die noch freie (frisch geleerte) - abwechselnd via Ampel geleitet wurde. Beim Start in so eine Baustelle war das Ende - trotz schnurgerader Baustelle - gar nicht abzusehen. Und so kam es, dass wir noch mit unseren Rädern in der Baustelle strampelten und der Gegenverkehr bereits wieder grün hatte...
An der Grenze angekommen, hofften wir eigentlich auf ein schönes Café im Grenzbereich. Aber da war lediglich nichts. Also verschoben wir den Kaffee auf später.
Nach der Grenze dauert es nicht lange und ich höre das Rauschen der Ostsee. Und noch viel besser - die Küstenstrasse ist belebt. Jede Menge Touristen (sicher nur 0,005% Deutsche) sind unterwegs. Wir rein in den Sala... freudliche Bedienung, der Kaffee war geniessbar und auf dem Gehsteig konnte man die neuste Mode in Augenschein nehmen.
Nun wurde der Radweg richtig super. Kein Auto von hinten - keins von vorn. Der breite Radweg schlängelte sich kurvenreich und sehr interessant angelegt durch die Wälder und Dünenbereiche, die Ostsee immer in der Nähe.
Kurz vor Klaipeda trafen wir noch auf eine Radlergruppe mit über 30 Radlerinnen. Es waren - wie man unschwer aus dem Geschwätz heraushören konnte - Frauen und Männer aus dem Bodenseeraum, für die ihre Tagesetappe ebenfalls in Klaipeda beendet war.
Frühstück gab es ja heute mal nicht - zumindest nicht wie gewohnt. Da die Unterkunft nur ohne Frühstück angeboten wurde, gab es heute auf die Schnelle einen leckeren Trinkjoghurt, dieses dunkle Brot, das die Letten wohl entwickelt haben, Käse und Wurst aus dem Supermarkt. Mit diesem Schmalspurfrühstück im Bauch starteten wir eine halbe Stunde früher als normal - und das zahlte sich aus.
Auf der Schnellstraße, auf der wir uns bewegen mussten, war nix los. Anfangs war die Piste noch in einem Zustand, den es in Deutschland einfach nicht gibt (uneben wie ein Fleckerlteppich, Schlaglöcher vom Feinsten) und dann kam ein topfebener Belag ohne Rüttel- und Schütteleinrichtungen.
So erreichten wir schnell die Städte Karosta und Liepaja. Diese gehen nahtlos - zumindest für einen Radler nicht anders ersichtlich - ineinander über. Erst gab es eine Kirche zu besichtigen, die inmitten alter Hochhäuser stand, aus denen wir fast nicht mehr heraus fanden. Als wir eine Brücke mit Holzbrettern als Fahrbahnbelag überquerten, ging plötzlich eine laute Huperei los - nicht von den Autos, sondern von der Brücke. Diese wurde gerade geschlossen, da auf dem Wasserweg ein Schiff passieren wollte. Wir führen noch über die Brücke und sahen ein - auf der schwäbischen Alb gibt es ja so was nicht zu sehen - wirklich tolles Brückendrehspecktakel. Diese Drehbrücke wurde erst 2009 wieder in Betrieb genommen.
Nach einem schnellen Snack in einem Café & Grill ging es wieder weiter. Auffallend waren die Parkanlagen, von irgendwoher schallten sogar deutsche Schlager an mein Ohr. In Nica fanden wir dann eine Bleibe. Eigentlich ein touristisch-aufgeschlossenes Dörfchen - aber eben nicht viele Übernachtungsmöglichkeiten...
Das Zimmer, das wir ergattern konnten, war echt mal wieder lettische Schonkost. In der Dusche bestimmt 20 tote Fliegen..., die ich den Ausguss hinunter spülen wollte - leider war der Abfluss verstopft... In der Toilette die gleiche Situation. Aber ich denke, wenn die nächste (eventuell freie oder auch nicht) Unterkunft mehr als 30 km weit weg ist, dann schraubt man seine Ansprüche mal auf den Minimallevel. Wobei die Leute alle super freundlich und hilfsbereit sind. In die heutige Quartierssuche waren 3 Frauen involviert, die sich alle redlich bemühten, uns zufrieden zu stellen.
Morgen geht es über die Grenze Lettland - Litauen, nach - sofern es das Wetter zulässt - Klaipeda. Gerade kam wieder ein nasser Gruß von Petrus - und im Hintergrund sehe ich Abendrot.
Als wir in Kuldiga starten, ist der Markt in der Fußgängerzone schon in vollem Gange. Ich nahm kurzerhand einen anderen Weg - der Markt hätte zu viel Zeit und Geld gekostet. Und einen Rasierapparat gab es auf dem Markt ja vermutlich sowieso nicht. Meiner gibt so langsam den Geist auf. Und wenn ich eines hasse, dann ist das wenn meine Backe stupfelt, wenn ich drüberfahre (mit der Hand natürlich - nicht mit dem Auto).
Am Ortsausgang machte mich Anne dann auf ein Elektrogeschäft aufmerksam - ich hätte das nicht entdeckt... was mal wieder beweist, dass Frauen mehr Augen haben als Männer - diese aber nur verdeckt einsetzen, so dass wir nicht mitkriegen, was die mitkriegen.
Also nix wie rein und einen Rasierer gekauft. Wenn ich den morgigen Morgen damit überstehe, dann war es guter Kauf.
Wir haben jetzt ja schon einige Male in den verschiedensten Lokalitäten übernachtet. Den Toilettenpapierspender, der wirklich nur auf seine ursprünglichsten Funktion reduziert war - ohne irgendwelchen Schnickschnack - hatten wir heute Nacht. Und dieses Modell möchte ich dir nicht vorenthalten - es funktioniert weit besser als viele Designermodelle.
Lettland hat gerade mal knapp über 2 Milo Einwohner, die auf ne Fläche wie Bayern verteilt werden. Das bedeutet, dass jeder Lette einen Garten von einem Quadratkilometer zur Verfügung hat - es gibt hier verdammt viel Landschaft...
Heute gab es zum ersten Mal gemähte Wiesen zu sehen - auch waren die Traktoren nicht unbedingt veraltet, sondern führen glänzend und rostfrei über die Äcker. Der Duft von frischem Heu strömt durch die Nasenflügel und er erinnert an das Allgäu... Gewitter - Licht aus - Licht an - Licht aus - ich schreibe morgen weiter...
Gut - es ist jetzt bereits wieder Abend. Gestern um diese Zeit war wirklich "Land unter" in Pavilosta. Ein heftiges Gewitter mit sintflutartigem Regen setzte alles unter Wasser. Vom Fenster aus konnten wir beobachten, dass die Hochzeitsgäste, die wir schon 2 Stunden vorher am Strand bewundern konnten - dort haben sie sich für den Fotografen in Pose geworfen - von einem Boot, das gerade anlegte, in ein bereitstehenden Auto rannten. Die Braut und ihre (wohl) Freundinnen waren auch dabei. Alle waren klitschenass und Gott sei Dank herrschte noch ne Stunde vorher ne Temperatur von ca. 30 Grad, so dass die Mädchen nicht allzu viel Stoff um ihre Körper wickeln mussten. Den erfrischenden Regenguss nahmen sie verdammt locker. Na, was bleibt einem denn schon mal in so einem Moment übrig...
Das Frühstück war - wie immer - zu heftig. Hier muss man immer beim Einchecken die Frühstückszeit angeben und welches Frühstück man haben will. Da man ja nicht weiß, was sich hinter einem Frühstücksnamen verbirgt, buchen wir meist zu viel... so auch heute...
Die ersten Kms verflogen wie im Nu, doch dann kam ein Abzweig in eine berühmt berüchtigte Nebenstraße mit Massage-Effekt. Ca. 5 km quälen wir unsere Bikes durch Schlaglöcher und Traktorquerrillen...
Und diese holprige Fahrweise war für mich heute mal gar nicht gut. Gestern schon hatte ich festgestellt, dass just an der Stelle, wo sich Mensch und Sattel in engem Kontakt zueinander befinden, sich ein schmerzhafter Pinkel (ich denke Haarwurzelentzündung) bildete. Ich zog deshalb heute mal die stehende Fahrweise öfters in die engere Auswahl, da so nix auf die schmerzende Stelle drückte. Bei einer Schotterstraße ist leider der Kontakt Mensch-Sattel nicht zu vermieden... Vor der nächsten Radtour werde ich eine Enthaarungskur beantragen.
In Sabile empfing uns die komplette Dorfgemeinschaft - der Musikverein hatte einen öffentlichen Auftritt und konnte deshalb nicht aufspielen. Aber wir waren dennoch tief beeindruckt.
Das Endziel für heute war Kuldiga. Ein nettes Städtchen, das immerhin den breitesten Wasserfall Europas bieten kann (250 m). Ebenso eine sehr schöne Altstadt mit herrlichem Rathaus.
Frühstück in Riga im 7. Stock... und die Sonne lacht über die Dächer von Riga. Nachdem uns der Security-Office die Räder höchst persönlich aus dem Hochsicherheitstrakt geholt hat, radeln wir auf (sogar) ausgeschilderten Radwegen aus Riga in Richtung Ostsee... Ja, in
der Tat, es gibt Radwege in Riga - das ist wirklich super. Nur muss man oft über eine Kreuzung und dann ist es nicht immer erkennbar, wo es weiter geht. Aber wir sind zufrieden. An der Ostsee (Jürmala) angekommen, wurden die Radwege sehr komfortabel - inklusive Ampeln für Radler. Aber total unverständlich waren die Grünphasen: Fußgänger und Radler in die gleiche Richtung: Fußgänger hatten 30 Sekunden (die verbleibenden Sekunden werden angezeigt) grün - die Radler hatten rot. Die Fußgänger dann rot - die Radler rot. Irgendwann - und das dauerte tatsächlich ziemlich lange, kam das Grün für die Radler (Fußgänger rot). Und da Gute war: Die Radler hatten einen eigenen Knopf zum Anfordern einer Grünphase und mussten am längsten warten.
Anne wollte unbedingt am Strand entlang radeln - was tut man nicht alles... es gab doch wirklich nichts Interessantes zu sehen. Sand und Wasser... aber mich interessieren ja auch immer die Ureinwohner...
In Turkums angekommen, hielten wir Ausschau nach unserer Unterkunft - bei der angegebenen Adresse war ein Frisör zu finden jedoch kein Hotel. Ich ging zum Frisörladen hinein... und wurde gleich in den 1. Stock verwiesen. Hier saß die nette Dame und gab uns die Zimmerschlüssel. Unschwer konnte man erkennen, dass unsere Zimmertüre schon gewaltsam geöffnet wurde. Naja, dann hat das Zimmer ja diese Prozedur schon hinter sich. Da kann ja nichts mehr passieren...
Wir erreichten den Zug überpünktlich, bugsierten unsere Räder in den letzten Wagon, der mit dem Rad-Symbol gekennzeichnet war und schon ging es ab nach Riga. Die Zugbegleiterin kam auch gleich und wollte die Tickets sehen - dies war jedoch nicht möglich, da Anne anstelle der Tickets die Supermarkt-Rechnungen (die Tickets sehen fast identisch aus) in die Reiseunterlagen gepackt hatte. Wir schickten also die freundliche Kontrolleuren also erst mal in die andere Richtung und Anne fing an, die geforderten Unterlagen in den Gepäcktaschen zu suchen. Gott sei Dank kamen die Tickets just in dem Moment zum Vorschein, als die nette Frau mit dem großen Stempel wieder das Abteil betrat. Sie drückte ihren Stempel auf die 4 Billietle und zog zufrieden von dannen.
Pünktlich lief der Zug in Riga ein. Relativ schnell fanden wir den Weg in den Park am Pilseta Kanal. Kein Verkehr, nur ZweibeinerInnen...
Im Hotel angekommen - konnten wir dann doch noch kurzfristig bei der Dame am Empfang und ihrer Chefin den Pulsschlag erhöhen. Normalerweise können wir die Räder immer in einem abgeschlossenen Raum abstellen - nicht so in Riga. Die Dame war der Meinung, dass wir die Räder vor dem Hotel im Freien lassen sollten. Dem konnte ich so nicht zustimmen, da wir extra bei der Buchung per Email angegeben hatten, dass wir für unsere Räder einen abgeschlossenen Raum oder eine Garage haben wollten. Das hatten die Damen wohl übersehen. Nachdem auch der Security-Mensch und der Hausmeister noch involviert wurden, fand sich doch noch eine Lösung - die Räder wurden uns abgenommen und in Sicherheit gebracht (wurden sie nun doch vor die Türe auf die Straße gestellt?). Ich will es gar nicht wissen...
Die Vorhänge aufgerissen - und schon treffen mich die Sonnenstrahlen mit voller Macht. Frühstücken, packen und rauf aufs Rad - Halt - erst noch das Umfeld festhalten. Ein kleines schnuckelige Lokal gegenüber.
Das "Rauf aufs Rad" verzögerte sich leider einige Minuten. Ich prüfte die Luft an meinem Hinterrad. Der weiche Druck glich dem, wie wenn einen Mohrenkopf mit Zeige-Mittelfinger gegen den Daumen presst...
Der Druck im Innersten meines Reifens war nicht mehr akzeptabel. Und da ich schon gestern so einen schleichenden Plattfuß vermutete, musste was unternommen werden. Ich hatte (Gott sei Dank) noch eine Patrone "Pannenschutz" im Gepäck, die ich sofort zum Einsatz - der fast als profihaft bezeichnet werden konnte - gebracht habe. Ich will mal hoffen, dass das Problem für die nächsten 10 Tage nicht mehr existiert.
Naturpark Gauja war angesagt. Es war nicht weit - auf der Teerstraße, dann kam die Schotterpiste. Teilweise ganz gut befahrbar... dann kamen diese Querrillen. Ich kann euch sagen - nach fast 30 km bin mir vorgekommen, als hätte ich einen
ganzen Tag lang eine Rüttelmaschiene (holper, holper) in meinen Händen gehalten. Der Kenner erkennt im Bild oben rechts (Doppelklick) die Wellen in der Oberfläche.
Bei der heutigen Tour habe ich auch Beschilderung der Gefäll- und Steigungen voll begriffen. Lettland hat im Jahre 2010 alle russischen Restbestände von 9 % und 12 % Schildern aufgekauft. Und die Straßenmeisterei lost vor jeder Steigung / Gefälle aus, welches Schild in den Boden gerammt werden soll. Es gibt nur diese beiden Prozentsätze. Oder - eine andere Theorie besagt, dass erst die Schilder aufgestellt werden, und dann versucht wird, die Straße entsprechend der Schilder zu bauen, also mit 9 % oder 12 % Steigung. Sorry, bitte "Straße" durch "Schotterpiste" ersetzen.
In Ligatne waren früher mal die Papiermache aktiv, heute ist es ein beliebtes Ausflugsziel für echte Wanderer, Auto-Wanderer (das sind die, die mit dem Auto wandern, da das Wandern mit den Beinchen zu anstrengend ist), Biker und andere Zeitgenossen, die versuchen, in einer wirklich herrlichen Umgebung zu relaxen.
Wir haben die Mittagszeit genossen - nicht nur wegen der leckeren Salate - nein, es gab ständig was zu sehen.
Da wir morgen mit dem Zug nach Riga fahren werden - alle haben uns abgeraten, mit dem Rad auf der vielbefahrenen Straße Richtung Innenstadt zu fahren - sind wir auch gleich zum Bahnhof marschiert und haben ein Ticket - natürlich auch für unsere Räder gekauft. Die Preise sind unglaublich - nicht einmal 5 Euro für 2 Personen + 2 Fahrräder für ca. 60 km. Bei uns in Deutschland kostet schon ein Ticket für ein Rad schon 5 Euro...
In Riga ist dann ein Ruhetag für die Räder geplant, die wollen ja auch mal ausspannen - während wir die Stadt erkunden.
Auf dem Weg zum Frühstück erschrak ich noch kurz - nein keine Sorge, der Kerl rechts hat uns nicht den Kaffee gebracht...
Ich ging noch kurz vor die Türe, um ein paar Erinnerungsfotos zu machen, da ließen sich auch schon die ersten Regentropfen wieder auf die Erde nieder. Als wir dann die Räder bepackten, konnte das nur im wasserdichten Ganzkörperkondom durchgeführt werden. Aber wir hatten Glück. Bereits nach ca. 2 Kilometern hörte es auf und so konnten wir unseren Kombi abstreifen und in Normalklamotten weiter fahren.
In Smiltene legten wir unsere Mittagspause ein. Erst wollten wir in diesem Heuhaufen unser verdientes Schläfchen halten, aber er war bereits belegt. Also stillten wir erst mal unseren Hunger in einem netten Bistro in der Stadtmitte. Es gab Hähnchen mit und ohne Knochen (kein Witz), Blumenkohl, Salat, Kartoffeln usw. Der Chef wog zuerst den Teller, dann die einzelnen Spesen - nachdem er jeweils den Preis für die kommende Zutat eingetippt hatte. Am Ende bezahlten wir für 2 Teller gerade mal 5 Euros... Und nett und zuvorkommend war der Chef ganz kostenlos. Ich bin begeistert...
Außer Smiltene kamen heute nicht viele Städtchen oder Dörfchen. Es kann durchaus sein, dass man 20 km radelt - vorbei an (natürlich) Wäldern, Wiesen und kleinen Seen - aber es kommen kaum Häuser. Eine echt einsame Gegend. Wenn ihr also mal was ausgefressen habt und euch verstecken wollt - hier in der Gegend problemlos möglich. In Cesis angekommen, suchten wir unsere Unterkunft, die auch problemlos zu finden war.
Da fällt mir noch ein... Wir sind ja heute in der Stadt Valga losgefahren. In der Stadt kommt die estnische-lettische Grenze. Der lettische Teil der Stadt heißt Valka. Bis 2007 fanden hier noch Grenzkontrollen statt...
Von der Dame des Hauses wurden wir herzlichst verabschiedet. Wir suchten den ersten Laden auf, der auf der Strecke lag und versorgten uns mit Getränken und einer Notration Brot und Wurst. Es soll ja wieder über 30 Grad werden und dann ist ja auch noch Sonntag... Hier haben wenigstens viele der kleinen Supermärkte geöffnet. Ich bedauere die Esten, die nach Deutschland kommen und an einem Sonntag was einkaufen wollen...
Das schöne an den Schotterstraße ist, dass man nicht schnell fahren muss (kann), denn es rumpelt so, dass man Angst haben muss, dass die Gepäcktaschen aus der Verankerung gerissen werden... Das schlechte ist, dass viele Autofahrer (naja es kommen eigentlich nicht viele - in einer
Stunde mögen es 5 sein) unter Verfolgungswahn leiden. Und da sie von ihrer eigenen Staubfontäne, die sie hinter sich herziehen, verfolgt werden, fahren sie immer schneller und ignorieren dabei Radler vollkommen. Diese finden sich wiederum für eine Minute in einem Sandsturm ausgeliefert, der in der Sahara nicht heftiger sein kann. Können dann die Augen wieder geöffnet werden, ist noch eine Staubfahne, die sich dem Horizont entgegen schlängelt, zu sehen. Mich erinnert diese an Bugs Bunny...
In unserer Unterkunft angekommen, konnten wir noch einem wirklich gewaltigen Naturschauspiel beiwohnen. Blitz, Donner und Wolkenbrüche satt, inklusive kostenloser Hageleinlagen wurden geboten. Einfach gigantisch - so was sieht man wirklich nur selten.
Es ist ja schön, wenn es regnet, und man befindet sich in einem sicheren Quartier. Bis morgen früh ist alles wieder vorbei und wir können bei strahlendem Wetter die nächste Tagesetappe angehen.
Das Frühstück war wieder typisch estnisch - für einen deutschen Magen ist das alles gut - bis auf diesen komischen Haferflockenbrei. Also ich bin ja normalerweise wirklich ein Alles(fr)esser, aber die Konsistenz ist allein für das Auge schon der schiere Hinweis, dass diese betonartige Masse doch eher an eine Wand geschmettert werden sollte, als in den Magen. Ich habe da immer Angst, dass dieser Brei sich tatsächlich dann im Bauch noch verfestigt und zu diesen Steinbrocken wird, die man nur noch in alten estnischen Burgmauern betrachten kann.
Ein eigentlich ganz netter Finne verabschiedete uns - den haben wir gestern Abend bereits kennen gelernt. Genau genommen nicht ihn, vielmehr seine Stimme, denn er sang uns gestern (er saß mit 3 Frauen auf der Terrasse) in den Schlaf. Naja, das ist jetzt etwas übertrieben -denn: wir wollten eigentlich schlafen und er raubte ihn uns. Da sein Gitarrenspiel aber nicht grundsätzlich falsch war, verzichteten wir auf die obligatorische Wasserdusche von oben und ließen ihn gewähren. Bei manchen Liedern konnten wir sogar mitsingen, eben in einer anderen Sprache. Nun - irgendwie beneidet ich ihn jetzt doch, denn er beherrschte nicht nur sein Mamasprache, sondern er sprach auch ganz locker estnisch, englisch und deutsch. Mein RRRRespekt.
Die ersten 9 km waren gleich mal Baustelle - der Straßenbelag wird erneuert. Wobei die 9 km sicherlich Luftlinie gemessen wurden. Würde ich alle Schlaglöcher, die ja ausgefahren (durchquert) werden müssen, dann sind diese 9 km maßlos untertrieben. Umso mehr freuten wir uns am Flüsterbelag, den wir dann antrafen.
Dann kam eine echt unangenehme Erfahrung...
Wir radelten so locker vor uns hin, da bemerkte ich, dass mich einige Bienen begleiteten - ausgewachsen, groß und fett - grösser als "Scharenstetter" (die Inside wissen...). In jungen Jahren - ich erinnere mich gerne - war es die helle Freude, von netten Bienchen umschwämt zu werden. Jedoch heute - und ich wusste ja gar nicht, ob die Bienen jung oder alt sind, die da permanent (und damit meine ich schon einige Kilometer) mich von vorne und hinten umkurvten. Ich ließ Anne mal vorfahren und auch sie wurde von einigen - und es wurden immer mehr - kleinen Brummern begleitet. Ca. 2 km später waren es bei mir dann sicherlich so um die 20, auch bei Anne. Ich kam mir vor wie deren Königin - jedoch bin ich ja nicht weiblich...
Schlussendlich zog ich die Notbremse. Ich wollte ja nicht alle Bienen Estlands aufsammeln. Also Geschwindigkeit auf Null reduzieren und Autan aus dem Rucksack hervorgekramt. Nun wurde die nackte Haut, die Bekleidung und die Packtaschen besprüht. Und siehe da, als wir wieder anfingen zu treten, da wurden wir plötzlich so uninteressant wie eine nasse Socke für einen Fisch. Ganz ehrlich - da habe ich mal tief durchgeschnauft, denn letztes Jahr hat mich mal so ein Bienchen ins Auge gestochen... eine Woche Totalausfall.
Und es wurde immer heißer. Und da wir uns beim Stamme der Setos befanden - es gibt in Estland noch ca. 10.000 von dieser Sorte und die meisten leben in dem Landstrich, den wir gerade am Durchqueren waren. Die Setos haben eine eigene Sprache, eigene Traditionen, die noch immer sehr gepflegt werden. Ein Holzschild wies uns den Weg in einen Hof - wir nix wie rein. Ein wunderschöner Garten lud zum Verbleib ein. Wir gingen rein ins Haus - auf der Suche nach der Dame von dem selben. Eine mächtige Gestalt kam aus der Küche, verwies auf einen Zettel, auf dem die Leckereien standen - leider in einer Sprache, bei der auch Tante Google an ihre Grenzen kam.
Wie sich alsbald herausstellte, waren es Pfannkuchen, gefüllt mit Kartoffelbrei. Und wie man sieht - ich musste diese gegen den antrabenden Puma unter Einsatz meines Lebens verteidigen. Und das Essen war lecker...
Nun kam der Aufstieg in das höchstgelegene Skigebiet Estlands. 13 km Schotterstraße führen nach oben, bei der momentanen Hitze echt kein Honigschlecken, obwohl das Skigebiet ja nun wirklich nicht halb so hoch wie Nellingen (Deutschland, schwäbische Alb, da wohne ich) liegt. In Haanja angekommen, fiel mir das Bushäuschen auf - irgendwie nett gestaltet... aber man muss natürlich schon hingucken. Der Supermarkt in der Nähe hatte noch Eis - eine willkommene Erfrischung bei dieser Affenhitze. Nun ging es noch 8 km wellig bergab zu unserer Herberge.
Eine nette Frau empfing uns höflich, sie sprach nicht vielmehr englisch als ich chinesisch. Aber Anne machte das mit dem Frühstück klar (sie kann einfach besser mit Händen und Füßen)...
Es gab noch frische Erdbeeren, Bier und Birnensekt. Das reichte aus, um in das Land der Träume zu sinken.
Pünktlich um 8:00 Uhr erschienen wir beim Frühstück. Das Büffet mussten wir uns allerdings erst mal nur geistig vorstellen. Das zuständige Mädchen gab wirklich ihr Bestes - vermutlich war sie gestern auf der "Mittsommernacht". Und ihre Kollegin kam gleich erst ne halbe Stunde später. Nun gut - bei uns zu hause gab es zwar keine Mittsommernacht, jedoch ich hätte früher auch keine bedeutende (oder auch unbedeutende) Fete ausgelassen. Also dauerte heute das Frühstück etwas länger - war aber ok.
Estland hat über 1,3 Millionen Einwohner - das ist nicht viel bei einer Fläche von 45.000 qkm (DEU hingegen muss seine 82 Millionen Einwohner auf 367.000 qkm unterbringen).
Ich traute meinen Augen kaum, als ich diese Windmühle sah. Hier auf dem Bild sind wir ja schon an dieser holländischen Nachbildung vorbei gefahren gewesen und dennoch habe ich sie unter Einsatz meines Lebens geknipst...
Vor der Mühle hatte ich schon einmal meinen Foto gezückt und in Position gebracht, als vom Bauernhof gegenüber ein Hund vollkommen grundlos ausrastete. Ich blickte hinüber und hörte nun wie ein zweiter den ersten in seinem Gebelle unterstützte. Beide Hunde waren an einer Kette, das gab mir Sicherheit... bis ich den dritten Köter - er war der größte von den dreien - und er war schwarz wie die Nacht und er war nicht an der Kette - sah. Dieser setzte sich ganz langsam - aber dennoch unaufhaltsam in Bewegung und das in Richtung Fotograf.
Ich musste mich erst gar nicht an das Sprichwort: "Der Klüger gibt nach..." erinnern. Ich jumpte auf mein Rad - den Blick nicht von dem lassend, der nicht an der Kette hing - und trat in die Pedale. Ich denke, dass ich damit den Wunsch des Hundes zur vollsten Zufriedenheit erfüllte - und so konnte ich (zurückrückblickend - die Hunde nicht mehr sichtbar) die Mühle doch noch festhalten.
In einem kleinen Ort sind wir zufälligerweise an einem kleinen Laden vorbei gekommen. Anne ging rein, um ne Kleinigkeit zum Beißen zu besorgen. Die Gegend war sehr spärlich besiedelt und man konnte nicht darauf vertrauen, dass in den nächsten 20 km (was für einen beladenen Radler nicht gerade nur ein Katzensprung ist, immerhin fahren zusätzlich zum eigenen Körpergewicht noch ca. 28 kg mit - und damit meine ich nicht meine Frau...) eine Ansiedlung kam.
Ich wartete also vor dem Kaufladen und fiel in den Beobachtungsstatus: 2 ekelhaft besoffene Typen (sorry, aber das ist der einige Ausdruck, der zutreffend ist) torkelten an mir vorbei in den Laden. Einer konnte sich (morgens um halb elf) kaum mehr auf den Beinen halten. Ein Radler kam entgegen - vermutlich wäre es zwecklos gewesen, ihm den Führerschein zu entziehen, so was hatte er sicherlich noch nie besessen - eine Tüte mit Leergut, rein in den Laden. Auch noch 2-3 andere - im Zustand alle gleich. Die ersten 2 kamen wieder raus. Einer stellte sich hinter mich und mein Rad - ganz dicht. Ich - den Blick auf meinen Pfefferspray, der am Rad baumelt, gerichtet und wie eine Tarantel jederzeit bereit, die Giftmischung dem Angreifer ins Gesicht zu spritzen.
Schlussendlich drehte ich mich um, der Schluckspecht hinter mir lächelte süffisant, ging einige Schritte zurück, nahm seinen Saufkumpanen unter den Arm und zog von dannen...
Es war auch heute eine smarte Tour - jedoch wird es morgen wieder anstrengender, da das Gebiet hügeliger und einsamer wird. Das heißt, dass die nächste Herberger erst in ca. 90 km Entfernung auf uns wartet...
In einem Schloss schläft es sich einfach gut. Da es abgelegen in einem schönen Park liegt, ist es natürlich auch sehr ruhig. Das Frühstück war unschlagbar - kein Buffet - alles auf dem Tisch. Joghurt im Glas, Trauben, 4 Omletts, Wurst, Käse usw... und zu meiner Überraschung auch Butter - das erste Mal seit Tagen. Die Räder übernachteten ebenfalls im Schloss - auch im ersten Stock. Heute morgen mussten sie wieder runter geschleppt werden. Am Liebsten wäre ich ja die Treppen runter gefahren, schöne breite Treppe, nicht zu hohe Stufen, nein - schön flach ideal für einen Biker - und dann noch auf rotem Teppich...
Auch heute geht die Tour noch ein Stück am Peipus-See entlang. In Ufernähe stehen - frühestens alle 10 km - einige Häuser an der Straße entlang. Hier werden häufig Zwiebeln und Kartoffeln angebaut. Viele haben dafür einen großen Garten. Bei uns im Schwabenland existieren ja auch noch viele Ureinwohner, die des Gärtelns mächtig sind. Naja, in einer Stadt erübrigt sich das ganz automatisch. Übrigens sind wir immer noch nahe an der russischen Grenze, denn inmitten des Peipus-Sees verläuft die russisch-estnische Grenze.
Die Esten müssen täglich den Rasen mähen - anders können die ihren Rasen gar nicht so kurz halten (wie auf dem Foto zu erkennen)...
Auch heute gab es Friedhöfe und Kirchen - jedoch es hielt sich in Grenzen. Die Dörfer lagen einfach zu weit auseinander.
Wobei die Friedhöfe super aussehen - es gibt viele sehr alte Gräber, auf denen die Inschrift kaum noch lesbar ist.
Das Bild oben in der Mitte habe ich eigentlich nur gemacht, um zu zeigen, wie sehr der Wind über das Land fegt. Leider kommt das auf dem Bild gar nicht so richtig zu Geltung - man hört auch nicht das stetige Rauschen, das alle anderes Geräusche in den Hintergrund schickt. Jedoch wenn man den Strauch genau betrachtet, dann sieht man, wie die Zweiges nach rechts ausgerichtet sind - das heißt, der Wind kommt von links - und wir fahren nach links...
Bei diesem Wetter habe ich mir natürlich heute die Nase verbrannt. Ich sehe aus, wie wenn ich einen Humpen Rotwein ex und hopp verschluckt hätte... Aber da ja für morgen wieder Normaltemperaturen angesagt sind, wird sich der Rotton ja von knall- in zartrot ändern. In Tartu - das ist die 2. größte Stadt Estlands - angekommen, hatten wir gerade mal 62 km auf dem Entfernungsmessgerät stehen. Das Hansa-Hotel liegt ca. 1 km vom Zentrum entfernt, das wir bereits besucht haben. Sehenswert ist das Rathaus mit dem Brunnen - die küssenden Studenten.
Als wir in die City traten, sind uns diese beiden Gestalten begegnet. Ich denke, diese Typen entsprechen jetzt nicht gerade dem typisch deutschen Mann... In der Tartu sind viele Studenten zu sehen - es hat ja auch ne Universität.
Unsere Herberge hat einen super schönen Biergarten - nur wird er um 17 Uhr geschlossen. Also das verstehe wer will. Würde er mir gehören, ich würde vor Mitternacht den Zapfhahn nicht zudrehen. Wenn ich es nicht vergesse, werde ich morgen noch ein Foto knipsen.
Die ganze Nacht tröpfelte es ganz sachte - was eigentlich nur wahrgenommen werden kann, wenn man nachts das Klo-Häuschen aufsuchen muss... Morgens beim Frühstück sah es dann gar nicht so schlecht aus - auch das Frühstück. Und was wir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wussten: Der Himmel war zwar immer noch in dicke Wolken gehüllt, aber es sollte den ganzen Tag nicht mehr regnen. Es gab ja auch genügend Wasser im Peipus-See, der den ganzen Tag links von uns lag. Der Bodensee (und der ist ja schon nicht gerade klein) passt immerhin siebenmal in den Peipus-See.
Hier zeigt die Landschaft häufig das gleiche Bild: Die Straße wurde in den Wald gesägt - sehr großzügig, es stehen ja in dieser Gegend genügend Bäume. Auf Kurven wurde größtenteils verzichtet - die wurden nur installiert, wenn der Mann auf der Teermaschiene eingeschlafen ist und beim Erwachen dann so erschrak, dass er das Lenkrad verriss.
Heute war auch der Tag der Kirchen und Friedhöfe - Annes Lieblingsobjekte. Ich glaube in der Zwischenzeit, dass wenn ihr Fahrrad einen Friedhof erblickt, greifen ganz automatisch die Bremsbacken nach der Bremsscheibe - so dass ein Vortrieb nicht mehr gegeben ist. Für mich ist das ziemlich anstrengend, da ich immer im Rückspiegel darauf achten muss, mein Anne-Babe nicht zu verlieren. Diese automatische Bremseinrichtung bei Kirchen und Friedhöfen ist bei meinem Rad leider nicht installiert.
Irgendwann meldete sich der Magen... alle Vorräte waren aufgebraucht und er wollte Nachschub haben. Also steuerten wir das nächste Dorf an und machten uns auf die Suche nach einer kleinen Kneipe oder einem Lebensmittelladen. In Kallaste wurden wir fündig - und wieder einmal mehr - angenehm überrascht. Es gab Zander, natürlich vom See nebenan mit Kartoffeln und Salat. Und damit du weißt, wie die Kneipe ausgesehen hat, habe ich extra ein Bildchen gemacht.
Gerade kam die Nachricht rein, dass morgen die Sonne 15 Stunden scheinen wird - das nenn ich doch mal eine wirklich gute Nachricht. Dann kann die Regenjacke endlich verstaut werden.
Wieder zurück zum Programm... Wir hatten ja gestern in einer Holzhütte übernachtet - heute sieht das besser aus. Da gibt es in Alatskivi (unserer heutigen Endstation) ein kleines Schlösschen. Da sind wir eingezogen (leider nur für eine Nacht) und ich fühle mich schon wie ein großer Herrscher - allein es fehlt das Volk...
Heute ist Dienstag - und er Tag fängt gut an. Draußen sind einige blaue Flecke am Himmel zu erkennen und das Frühstück war abwechslungsreich und vielfältig und teilweise gab es Sachen, die gibt es bei uns einfach nicht. Und was klopfte gegen Ende des Frühstücks gegen die riesigen Fensterscheiben? Waren das etwa Regentropfen? Ja - dem war so.
Also planten wir erst nochmals den Mittagssnack und die Übernachtungsmöglichkeiten - auf Grund des Regens hatten wir ja keine Eile mehr. Eine Stunde später konnten wir dann - trocken - unsere Räder aus dem von der Security bewachten Raum abholen und bepacken.
Nachdem wir in Jöhvi einen Supermarkt gestreift haben und Anne ihren Föhn - vermutlich in Russland (unfreiwillig) als Gastgeschenk hinterlassen - wieder durch einen neuen ersetzten konnte, sollte der nächste Tanzabend wieder gerettet sein. Die Straßen wurden nun etwas einsamer - Gott sei Dank. Eins muss man den Estländern lassen, Wälder haben sie reichlich. Also können sie auch ab und zu mal eine Schneise schlagen - wie auf dem Foto zu sehen, für Straße und Strom (das geht bis zum Horizont).
Die Landschaft sieht hier noch sehr flach aus - aber sie steigerte sich noch. Zumindest einmal war doch eine Rampe zu erklimmen, die es notwendig machte, auch mal die kleineren Gänge zu benutzen.
An diesem kleinen Badesee trafen wir Christoph, ca. 25 Jahre alt, aus Deutschland, der uns entgegen kam und schon über 2.000 km auf dem Buckel - oder besser gesagt in den Beinen hatte. Er gab uns noch einige Tipps und sagte uns, welche Streckenabschnitte wir unbedingt umfahren sollten, da sie wohl eher für Traktoren, Panzer und sonstige Geländefahrzeuge geeignet wären als für Reiseräder. Er hatte auch an seinem Rad eine Alarmanlage, die werde ich mir auch noch besorgen. Wenn das Rad bewegt wird, dann wird ein markdurchdringender Ton freigesetzt, der (fast) jeden Klauer zur Aufgabe bewegen wird.
Da wir noch einige Rubelchen in der Tasche hatten und Christoph nur an Seen oder Flüssen kampieren konnte, da sein Budget nichts anderes zuließ, gaben wir ihm unseren Rest von 2.500 Rubelchen und verabschiedeten uns von einem sehr netten und dankbaren jungen Mann.
Am Peiposs-See gibt es nicht allzu viele Übernachtungsmöglichkeiten. Wir entschieden uns für eine super Holzhütte in Dreiecksform, winddurchlässig und schallinformierend. Ein stämmiger Finne - Simon (oder wie auch immer das die Finnen schreiben - die Betonung liegt auf der 2. Silbe) - bot uns sofort seine Unterstützung an, denn er hat die estnischen Sprache erfunden... Da sein Wodka-Pegel(-Oberkante) wohl noch nicht erreicht war, schickte ich ihn erst mal ins Restaurant, die Öffnungszeiten zu erkunden. Diese Aufgabe löste er innerhalb einer halben Stunde - und da er schon mal im Restaurant war, füllte er auch gleich etwas nach... Er informierte uns - vielen Dank - und wir verabschiedeten uns in die erfrischende Dusche (separater Prachtbau). So richtig erfrischt nahmen wir auch noch am Einheitsessen teil - die Esten bezeichnen das als Schnitzel - es ist jedoch mit einem deutschen Fleischfladen nicht zu vergleichen - stimmt jedoch die Geschmacksknospen freundlich, also sehr schmackhaft - und das für 4.90 von diesen Euros - wie machen die das nur?
Ich fing gerade an, hier an diesen Zeilen zu pinseln - am Tisch da vorne links, wo schon mein Foto liegt (schwarze Tasche) - da fing es doch wieder an, in die Tastatur zu tröpfeln. Deshalb klappe ich auch nun das Tablett zu, da ich nicht weiß, wieviel Nass die Innereien vertragen. Nur am Rande... der Finne Simon hat sich die
Estenfamilie gegenüber ausgesucht - es läuft Musik aus dem Autoradio - und ich schlafe jetzt... Guts Nächtle.
Beim Eintreffen gestern in Kingisepp wurde ich nach der Frühstückszeit gefragt, die ich dann mal mit 8 Uhr angab. Heute Morgen pünktlich um 8 Uhr versuchte ich unsere Zimmertüre aufzuschließen - ohne Erfolg. Ich stocherte mit dem Schlüssel und versuchte ihn zu drehen - nichts ging... plötzlich - Oh Schreck - ging sie doch noch auf und - ich war einem Kollaps nahe - vor der Türe stand die Empfangslady mit unserem Frühstück in der Hand. Die beiden Tabletts wechselten - ehe ich mich dagegen wehren konnte - den Besitzer. Also suchte ich im Zimmer einen passenden Tisch, konnte nur so einen kleinen runden ausmachen, allerdings waren die beiden Tabletts grösser als der Tisch. Ich befürchtete schon, dass wenn ich jetzt mit dem Messer mein Omlett (russisch) bearbeite, dann kommt mir der Kaffee automatisch entgegen... Aber alles ging gut...
Herrliches Wetter - ein Tag für Götter. Nun ging es Richtung Grenze. Ich habe noch nie so lange gerade Straßen gesehen. Wenn ich mich richtig entsinnen kann, dann war 8,5 km vor der Grenze eine leichte Kurve und dann ging es kerzengerade auf die Grenze zu. Ca. 2 km vor der Grenze standen dann die LKWs rechts auf der Standspur - die konnten nicht alle ne Panne haben...
An der Grenze angekommen nahm uns ein freundlicher LKW-Fahrer mit und zeigte uns den Übergang für Fußkranke und Fahrradschieber. Die Grenze selbst erinnerte mich an DDR-Zeiten, Friedrichstrasse. Jeder Grenzgänger musste einzeln zur Kontrolle vor diesen Schalter, an dem der Reisepass so durch einen Schlitz geschoben wird. In diesem Moment wird einem dann immer bewusst, wie klein man doch ist... Wir haben vorher natürlich unseren Radhelm abgenommen, ebenso die Radbrillen und uns entsprechend des Bildes im Pass gestylt. Da war es kein Wunder, dass wir die Ausweise auch wieder zurück bekamen und wir von links (auf dem Bild) über die Brücke nach rechts laufen durften - da befand sich der estnische Zoll. Der Prozess war der gleiche...
Bald konnte wir estnische Luft schnuppern - und ich muss ganz ehrlich sagen - ich war gar nicht mal so böse drüber.
An der Narva entlng ging es dann an die Ostsee - Narva-Jösuu, da gab's auch wieder was zu beißen. Und ich habe eine neue Erkenntnis: Das russische Bier schmeckt echt süffig - im Gegensatz zum ersten estnischen Bier - aber es kann sich ja noch ändern.
Das erinnert mich jetzt an das gestrige Hotel, das Wasser, das da aus dem Wasserhahn kam, hatte eine ähnliche Farbe wie das estnische Bier. Wir verwendeten es (das Wasser, nicht das Bier) notgedrungen nur zum Duschen. In fremden Ländern heißt es bei mir immer: "Koch es, brat es - oder wirf es weg".
Nach Toila gab es auf einer Strecke von ca. 3 km mal ne richtige Mountainbikestrecke. Die Schlaglöcher waren unübersehbar - jedoch nicht befahrbar, sie standen voll Wasser und man wusste nicht, ob es 10 cm oder einen Meter nach unten geht. Irgendwann ging dann ein keiner Wiesenpfad zu Steilküste. Junge - ist die steil. Wollte man das so richtig hautnah erfassen, dann war "robben" bis zum Abgrund angesagt. Und als ich dann den Kopf über dem Abgrund geparkt hatte und die Augen nach unten blickten, dann sagte meine innere Stimme: "Zurückrobben, sofort". Und genau das habe ich dann auch gemacht.
Kurze Zeit später waren wir auch schon in Toila, das Hotel war schnell gefunden - und wir standen auch schon vor dem Hotel, als wir beschlossen erst noch zum Supermarkt zu fahren. Schon auf dem Weg erkannten wir die schwarze Wolkenwand, die sich über uns aufgebaut hatte. Und schon beim Verlassen des Marktes fielen die ersten Tropfen. Mögen es 500 m bis zum Hotel gewesen sein - es reichte aus, um nass zu werden, da ein satter Wolkenbruch auf uns runterprasselte. Wir retteten uns unter die Hoteltreppe und krochen erst wieder hervor, als das mit Normaldurchnässung möglich war. Im Hotel gab's dann noch Abendessen vom Buffet (12 Euros). Mann oh Mann, war das lecker.
Heute war ein Tag, den man einfach streichen kann - einfach so tun, als wäre er gar nicht da gewesen. Nach einem typisch russischen Frühstück (karg) machten wir unsere Bikes startklar. Ein letztes Foto von unserer Unterkunft in Gostilizy - und die Welt war dann auch noch für ca. 500 m in Ordnung. Es begann dann so ganz sachte zu tropfen und er Wind frischte auf. Wenn es wenigstens Rückenwind gewesen wäre... aber leider nein. Meist kam er von der Seite oder direkt von vorne. Längst hatten wir uns wasserdicht gemacht -Regenüberschuhe, Regenjacke, Regenhose usw., denn die nächsten 6 Stunden sollte es genau so weiter gehen. Hätte ich das gewusst, dann hätte ich heute einen Wellness-Tag eingelegt.
Wirklich empfehlenswert. Den Hinweiszettel für das Dinner und das Frühstück habe ich abgeändert: Es ist nicht im 1. Stock, sondern im Erdgeschoss... und andere Formulierungen waren in einem deutsch-russisch-Mix, das nicht unbedingt so richtig verständlich war. Das Zimmer, Bad usw. war alles in einem einwandfreien Zustand. Super war auch er heizbare Handtuchhalter im Badezimmer. Da eigentlich jeden Tag gewaschen werden muss, ist man mit jeglicher Art von Trocknungshilfe vertraut und dankbar.
Der Wodka an der Bar kann gar nicht schlecht gewesen sein. Ich habe geschlafen wie ein Bär und bin ohne Schädelbrummen erwacht - nicht mal Durstgefühle plagten meine Kehle. Das Frühstück glich dem von gestern, wobei der Rühreihersteller heute ein anderer < sein muss als gestern - die Konsistenz war ne andere - aber auch nicht schlecht. Schnell zusammenpacken und los geht's. Die Räder sind noch da (mit allen Einzelteilen) - und das ist gut so. Beim ersten großen Kreisverkehr muss Anne mal... wieder... fotografieren.
Der alte Narva-Triumpfbogen mit der Quadriga (erinnert an den Sieg Russlands über Napoleon) wollte auf Chip (früher hätte man gesagt: wollte auf Film) gebannt sein. Also kurzer Stop - dann weiter - immer in Richtung Sankt Petersburg "Ortsende" - aber das dauerte noch etwas. Die Stadt hat über 4 Millionen Leutchen, die da offiziell ein Dach über dem Kopf haben, plus ca. ne weitere Million nicht Registrierte...
Schon 1940 hatte die Stadt 3 Millionen Einwohner, nach dem Krieg blieben gerade mal 600.000 zurück. Eine Million ist umgekommen, der Rest wurde vertrieben...
In Peterhof angekommen, wurden wir erst mal mit einer Bus-Ausstellung der Sonderklasse konfrontiert. Die vielen Chinesen, Japaner und Russen müssen ja irgendwie zum Zarenhof - eine Prunkresidenz und Lustschloß mit seinen unzähligen (ca. 700) Fontänen - gelangen. Allein die große Kaskade zählt 138 Wasserstrahler und Fontänen.
Natürlich gab es auch eine - ich nenne es mal Verpflegungsstelle - im bayrischen würde man "Biergarten" sagen - und irgendwann muss auch ich mich ja auch mal um das Wohlbefinden meines Körpers kümmern...
Nach soviel Gold und Wasser war nun wieder mal Pedalieren angesagt. Es ist nicht wirklich prickelnd auf einer russischen Landstraße mit dem Rad zu fahren. Im Rückspiegel sieht man die Lichter der Autos, die sich dann zu LKWs entwickeln und immer den Anschein erwecken, dass sie dich von der Straße schubbsen wollen - besonders dann, wenn ein lahme Ente (entgegenkommend) von 2 anderen lahmen Enten mit Turbo überholt wird. Spätestens bei dieser Verkehrssituation entscheide ich mich für den ungeteerten Seitenstreifen, der so holprig ist, dass sich der gerade überholende LKW hüten wird, diesen mit einem Reifen zu berühren. Also alles in Allem: Man fühlt sich so richtig sicher...
In Gostilizy angekommen sind wir erst mal an unserem gebuchten Mini-Hotel vorbei gefahren. Geleitet von meinem inneren Instinkt, kratzte ich die Kurve und hinter einem Supermarkt (nicht mal in euren Träumen könnt ihr euch diesen vorstellen - kam das Mini-Hotel zum Vorschein. Eingang gesucht - gefunden - geklingelt - die Türe wurde geöffnet und wir wurden freundlichst empfangen. Das Essen wurde auf dem Zimmer serviert - so ne richtig russische Variante - aber alles sehr schmackhaft. Die junge Gastgeberin ist sehr bemüht, dass wir uns wirklich bei ihr wohlfühlen. Alles beruht auf Gegenseitigkeit - sie versteht mich nicht - aber dafür verstehe ich sie auch nicht. Und dennoch ist der Service ist perfekt - wie auch schon die letzten Tage - ich bin begeistert.
Die Nacht war etwas ungewohnt. Wann immer ich aufgewacht bin, es war nie so richtig dunkel. Naja - es sind auch die weißen Nächte. Das Frühstück war ebenfalls etwas ungewohnt, auf Butter wird - zumindest in unserem Hotel - verzichtet, vielleicht streiken auch die Kühe... Das Rührei sieht etwas anders aus als bei uns, es war aber sehr lecker. Die Semmel werden durch Toasts ersetzt - Wurst, Käse, Tomaten, Gerken usw. war alles reichlich vorhanden. Also stärkten wir uns ausgiebig. Um 10 Uhr sollten wir dann abgeholt werden, um die gebuchte Stadtführung zu genießen.
Unser Guide (oder Guidin?) war auch schon 10 Minuten früher am Hoteleingang - sie kam mit der U-Bahn - jedoch von unserem Fahrer keine Spur. Darja (so der Name der jungen Frau) begann auch gleich über Sankt Petersburg zu erzählen. Da sie in Kaliningrad Deutsch studierte und auch schon in Deutschland war, hatten wir keine Probleme, sie zu verstehen.
Nach einer Viertelstunde telefonierte sie mal mit ihrem (unserem) Fahrer und erklärte uns dann, dass er im Staus stecke. Nach weiteren 10 Minuten war Igor dann zur Stelle, wir stiegen in ein wohltemperiertes Fahrzeug und stellten fest, dass wir - Darja, Igor, Anne und ich die komplette Gruppe bildeten. Da momentan auch das Economic Forum hier tagt, konnten wir den Staus nun hautnah miterleben... und viel Polizei... schwarze Limousinen mit abgedunkelten Scheiben... gesperrte Straßen.
Neben vielen anderen Bauwerken war der Besuch in der Eremitage zweifelsohne der absolute Höhepunkt. Bislang wusste ich nicht, dass es ein so großen Museum gab. Darja führte uns gezielt in einige Räume und in manchen Räumen blieb mir schon die Spucke weg. Sie kannte zu jedem die passende Geschichte und darüber hinaus war sie bestens mit den Gepflogenheiten der Zaren und deren Frauen bzw. Geliebten vertraut - eine richtige Plaudertasche (nicht die Geliebten, die Darja). Nach fast 5 Stunden wurden wir wieder entlassen - der Kopf brummte ob der unzähligen Stories, so dass wir uns nun in aller Ruhe mal in ein Strassenlokal setzen konnten. Der Magen war überglücklich, endlich mal wieder arbeiten zu dürfen und ich muss sagen, das russische Bier schmeckt hervorragend - besonders wenn auch genügend Durst vorhanden ist.
Nach einer wirklich guten Nacht und einem Frühstück, das natürlich selbst zubereitet werden musste, ging es wieder per Bus zum Flughafen. Da wir ja den Check in schon gestern erledigt hatten, war heute keine Hektik angesagt. Locker die Schaufenster betrachten - die Preise nahmen uns jedoch den Einkaufswillen. Endlich rein in den Flieger und gerollt... und gerollt... und gerollt... Das Erdinger Moos ist ja gar nicht so klein. Ich sage noch zu Anne, dass wir jetzt wohl endlich auf der Startbahn sind... Sie (wohl schon sichtlich genervt, dass wir immer noch am Boden waren: Der wird ja jetzt nicht noch durch ganz München fahren wollen...
Der Flug selbst war zu Anfang und gegen Ende etwas holprig - Die Gepäckklappen blieben aber zu, so dass sich kein Passagier ne blutige Birne holen musste. Wieder am Boden starrten wir erst mal einige Zeit auf das Gepäckband... Dann kam die XXL-Tasche. Ich schleppte sie auf einen Gepäckwagen, ging zurück und sah, dass da einige Sachen, die eigentlich in der XXL-Tasche hätten sein müssen, auf dem Boden lagen. Mein Gesichtsausdruck hätte vermutlich auch einen Zombie erschreckt... Häää - wie kommt denn das? Ich drehte die XXL nun mal auf den Kopf - also Beinchen nach oben - und als ich dann den riesen Schlitz im Boden sah, setzte ich mich erst mal hin. Aber es war ja nicht schlimm... solange die schwere XXL auf dem Boden geschleift wurde, konnte ja nichts rausfallen - und ich war wohl der erste, der sie anhob (was muss ich stark sein...).
Erst noch diese russischen Rubel einem Geldautomaten entlocken - war gar nicht so schwer, als wir die richtige Hardware identifiziert hatten. Nebenbei noch mit 2 Deutschen geplappert, die häufig in Russland sind und gute Ratschläge entgegen genommen. Dann raus aus dem Gebäude, Blick nach links, rechts - viele Autos, Menschen... Blick nach oben - eine kohlrabenschwarze Wand stand nicht mehr weit entfernt. Die ersten Blitzes züchten schon vom Himmel, als ich die Rückspiegel montierte. Und dann war der Wolkenbruch schon da. Ans Radeln war da nicht mehr zu denken. Wir machten uns auf die Suche nach einem Taxi, in dem wir auch die Räder laden konnten. Wir fanden einen mit einem neuen VW-Bus. Der Fahrer - ein wirklich netter Russe - brachte uns sicher durch den Regen - auf der Straße stand teilweise zentimeterhoch - ins Hotel. Nachdem wir alle Formulare ordnungsgemäß ausgefüllt hatten, konnten wir auch unsere Räder im Hinterhof verstauen - immer begleitet von einem sehr höflichen und hilfsbereiten Security Officer.
Nachdem wir auch unsere Mägen wieder zur Vollbeschäftigung verholfen haben. Unternahmen wir noch einen kleinen Spaziergang. Leider trübte wieder der nicht enden wollende Regen, den Spaziergangsspass. Als die Socken genügend gewässert waren, steuerten wir wieder Richtung Hotel. Mein GPS sollte uns den kürzesten Weg zeigen, dieser endete jedoch in irgendwelchen Hinterhöfen an verschlossenen Toren. Also den bekannten Weg wieder zurück - vor der Hoteltüre sich noch geschüttelt wie ein nasser Hund - und dann rein ins Trockene.
Ok, es sind nicht alle Systeme gelaufen... aber der Reihe nach...
Am Mittwoch - gestern - also Anreise nach München. Nellingen gegen 11 Uhr - ich war gerade noch im NETTO die letzten Besorgungen machen und stand gerade an der Kasse, da sah ich, dass ein Starkregen niederprasselte. Ich spurtete zum Auto auf dem Parkplatz, bedachte aber nicht, dass mein Autoschlüssel tief unten in meinem Hosensack verschwunden war und ich auch keine Hand mehr frei hatte... Also nahm ich die kostenlose Dusche, die mich bis auf die Haut durchnässte ohne Murren mit. Wieder zu Hause angekommen - erst mal umgezogen und dann eine Stunde später die Räder gepackt - kaum zu glauben - bei Sonnenschein.
Wir starteten pünktlich und radelten im Sommerfeeling zum Bahnhof nach Amstetten. Schnell noch die Radkarten gekauft wobei dem Automaten nur eine zu entlocken war. Die Sonneneinstrahlung war so stark, dass die Anzeige beim besten Willen nicht mehr zu erkennen war und da der im Anmarsch war, konnten auch keine endlosen Versuche unternommen werden ein zweite zu lösen. Im Zug war dann auch schon der Schaffner - ich glaube, das heißt heute Zugbegleiter -zu Stelle. Dieser wollte jedoch keine Karten sehen, vielmehr interessierte er sich für unsere Reise, da er auch schon in Russland war.
In Ulm in den Zug nach München umgestiegen - keine Probleme - es reichte noch für einen Leberkässemmel, der auch noch richtig lecker war. Da ein Güterzug auf gleicher Strecke liegen geblieben war, und wir irgendwie umgeleitet wurden, mussten erst mal einige Reisende den Zug verlassen, eben diejenigen, deren Bahnhöfe nicht mehr angefahren wurden. Irgendwann waren wir dann in Pasing - dann in die S-Bahn Richtung Flughafen, wo wir auch klapp ne Stunde später ankamen. Es ist immer wieder faszinierend, wenn man sieht, dass auf so einem riesigen Flughafen einfach alles "scheinbar problemlos" funktioniert. Zu dieser Zeit war nicht mehr allzu viel los und wir gaben unser Gepäck und unsere Räder (Sperrgut) ab. Unsere Fahrradgepäcktaschen setzten wir in eine XXL-Tasche (Länge 1,50m, Volumen 150 Liter), die hatte dann genau das Gewichtslimit von 23 kg, das ist ganz schön schwer, wenn man diese dann zum Schalter schleppen muss...
Gepäck- und Rad-befreit stiegen wir in den Shuttlebus, der uns ins Hotel brachte. Das war nun eins von der "neuen" Art: Das Zimmer ohne Schrank, da ja die meisten Gäste sowieso nur eine Nacht. Im Gastraum keine Bedienung - selbst ist der Mann - natürlich auch die Frau. Es gab nur ein Gericht: Frikadellen mit Spätzle. Da sich das für einen Schwaben erst mal gut anhört - das Teil bestellt - gegessen - einen zweiten Teller geholt, gegessen - schmackhaft - ein Bäuerchen gemacht und dann ins Bett gehüpft.
Erst mal ein Dankeschön an die nette Dame, die mich darauf aufmerksam gemacht hat, dass ich das Rasierzeug in meiner Checkliste vergessen habe. Das werde ich gleich noch nachtragen.
Nun denn - Die Räder sind geschmiert und gefettet, die Packtaschen prall gefüllt und die Vorfreude ist groß. Ich habe mein GPS-Gerätchen, das uns vor Fehlfahrten schützen soll, mit dem entsprechenden Kartenmaterial gefüttert und geplante Tour auf die Karten geklebt - das heißt, dass wir nur noch einer vorgegebenen Linie nachfahren müssen, um schlussendlich zum Ziel (Klaipeda) zu kommen - und wenn die Zeit reicht, dann treten wir noch bis Kaliningrad, da mein Schwiegervater dort im Krieg war. Heimgekommen ist er mit einem Kopfdurchschuss: Zum Auge rein - zum Ohr wieder raus - eine Nacht bewusstlos auf dem Schlachtfeld gelegen... Das waren noch Zeiten - wie schön haben wir es doch, in einer heilen Welt zu leben.
Reisepass, Visum und Scheckkarte sind im Rucksack verstaut. Die Reiseunterlagen (gebuchte Bahnfahrten, Flugtickets, Fährfahrten usw.) liegen noch auf dem Tisch. Morgen werden wir dann gegen 12 Uhr von hier mit dem Rad nach Amstetten (Bahnhof) radeln. Um 12:31 Uhr startet dann der Zug nach München HBF- leider keine schnelle Verbindung, da wir kein Platz für unsere Räder ergattern konnten. Und da man in München zwischen 16:00 und 18:00 Uhr (eben die übliche Stosszeit [nein...]) nicht mit dem Rad in der S-Bahn zum Flughafen fahren darf, werden wir ab 18:00 Uhr Richtung Flughafen starten. Dann erst mal schauen, dass sich jemand erbarmt und uns die Räder abnimmt, dann die Radtaschen in eine Riesentasche gestellt (es ist ja in der Schweinchenklasse nur ein Gepackstück inklusive), die Riesentasche dann aufs Gepackband und mit etwas Glück, landen Räder, Riesentasche und wir gemeinsam - wenn es geht auch mit dem gleichen Flieger - in Sankt Petersburg.
Ist erst mal das Gepäck (fast hätte ich geschrieben: Gebäck...) weg, dann rein in die S-Bahn und in eine urige Wirtschaft - da gibts eine Stärkung (fest und flüssig), eigentlich müsste ich sagen, es gibt 2 Stärkungen: eine fest, die andere flüssig... Und wenn die Sperrstunde naht, dann rein ins Bett - nochmals auf deutschem Boden geschlafen.
...und wenn alle Systeme funktionieren, dann gibts morgen wieder was zu lesen...
Die Packtaschen sind zwar noch nicht gepackt, aber es ist alles mal bereit gestellt...
(Für jeden Hinweis über fehlendes Material bin ich natürlich sehr dankbar):
Klamotten_Bike............ | Anz |
Radschuhe | 1 |
Radüberschuhe | 1 |
Socken | 5 |
Radunterhemden | 3 |
Radhosen kurz | 3 |
Radtrikots kurz | 3 |
Radtrikots lang | 1 |
Beinlinge | 1 |
Armlinge | 1 |
Radjacke_blau_Italien | 1 |
Regenjacke grün/rot | 1 |
Radhandschuhe_kurz/lang | 2 |
Helm | 1 |
Regenhose | 1 |
Radbrille | 1 |
Mütze | 1 |
Windhemd | 1 |
Spezialized Jacke | 1 |
Bike_Sonstiges............ | Anz |
Packtaschen_vorne | 2 |
Packtaschen_hinten | 2 |
Lenktertasche | 1 |
Rucksack | 1 |
Gepäckgurte | 3 |
GPS Garmin 62 CS | 1 |
~ Batterien | 10 |
~ Halterung | |
Karten / Tracks | 10 |
Karten Papier | 3 |
Radflaschen | 2 |
Ersatzschlauch | 2 |
Pumpe 2x | 1 |
~ Kartuschen | 2 |
Werkzeug | 1 |
Flickzeug | 1 |
Klettband | 1 |
Kabelbinder | 10 |
Drecklappen naß | 1 |
Reiniger | 1 |
Radöl | 1 |
Licht | 1 |
Rücklicht | 1 |
Luftpumpe | 1 |
Hähnchen 1) | 1 |
Wassersack | 1 |
Radschloß | 2 |
Landkarten | 1 |
Kartentasche | 1 |
Klamotten_abends....... | Anz |
Turnschuhe | 1 |
Unterhosen | 4 |
Unterhemden | 4 |
T-Shirts | 4 |
Pulli | 2 |
Schlaf-T-Shirt | 1 |
Hose zip | 1 |
Hose lang | 2 |
Badehose | 1 |
Oberhemden | 3 |
Socken/Strünpfe | 6 |
Jacke schwarz | 1 |
Handschuhe_kurz/lang | 2 |
Schlafanzug | 1 |
Taschentücher | |
Brustbeutel
|
Körperpflege |
|||
Waschzeug | |||
Fön | |||
Arschcreme | |||
Sonnencreme | |||
Zahnbürste/creme | |||
Deo | |||
|
|||
Shampoo Rasierzeug |
Radapotheke |
Streckverband |
Salbe für Verstauchungen |
Insektensalbe |
Stichsalbe |
Brandsalbe/Sonnenblocker |
Pflaster |
Durchfallmittel |
Schere |
Insektenspray |
(Kopf)schmerztabletten |
First Aid Set |
Sonstiges |
Wäscheseil- Klammern |
Bed & Bike |
Tragetaschen |
Personalausweis/Reisepass/Visum |
Bahncard |
DJH-Ausweis |
Scheckkarte |
Stirnlampe |
Taschenmesser |
Steckdosenleiste |
USB-Ladegerät |
USB-Power Pack |
Reflexstreifen |
Klopapier |
Feuerzeug/Streichholzer |
Kartenspiel |
Nähzeug |
Regenschirm |
Schreibzeug |
Adressen für Postkarten |
Sprachführer/Wörterbuch |
Taschenlampe |
Walkmann & Batterien |
Ladegerät |
Fahrkarten und Fahrpläne (Zug) |
Geld, Postsparbuch, |
Auslandsreisekrankenversicherung |
Krankenrücktransport |
Krankenkarte Riegel Magnesium |
Kamera+Film |
Foto |
Foto Ladegerät |
Speicherkarten |
Handy+Ersatzakku |
Handyladegerät |
1) Hähnchen: Da ist natürlich kein rohes oder gar Wiener Backhendl gemeint. Das Hähnchen ist ein Schuhtrockner, das eben aussieht wie ein Hähnchen. Die "Schlegel" können nach unten geklappt und in die nassen Schuhe gesteckt werden. Ein leiser, warmer Luftstrom bläst dann die Feuchtigkeit aus den Schuhen. Ideal auch für Ski- oder Langlaufschuhe.
Nun müssen die ganzen Karten und Tracks noch auf das Garmin-GPS-Gerätchen kopiert werden. Im Anschluss noch ein kleiner Test, ob das alles so funktioniert wie ich mir das vorstelle. Eine Datensicherung der Karten und Tracks werde ich auch noch machen - man kann ja nie wissen...
Morgen ist dann noch Haare stutzen angesagt, schlussendlich will ich ja nicht gleich an der ersten Grenze verhaftet werden...
In Russland ist es - wenn man den Berichten aus dem Internet Glauben schenken darf - ratsam, einen Rückspiegel am Rad montiert zu haben. So hat man den Verkehr, der sich da von hinten nähert, besser im Auge und kann bei Bedarf samt Fahrrad in den Straßengraben jumpen. Also habe ich gestern Rückspiegel gekauft, die werde ich nun noch montieren. Ersatzschläuche und Flickzeug sind ebenfalls schon im "Packzimmer". Im Foto steckt eine 128 GB-Chip, der müsste ja ausreichend sein für ein paar Schnappschüsse. Was noch fehlt ist eine Checkliste, die möchte ich heute oder morgen noch erstellen. Ich werde sie in verschiedene Kategorien aufteilen: Bike-Klamotten, Freizeitkleidung, Bike-Sonstiges, Körperpflege/Apotheke, Foto/Film. Und wenn die ganzen Sachen dann noch in die Packtaschen reinpassen, dann bin ich zufrieden.
Das ist ja mal wieder ganz super...
Ich muss mich noch um meine Krankenversicherung kümmern. Da ich zum 30.06.2016 aus dem aktiven Arbeitsleben ausscheide, wie bin ich denn dann im Anschluss versichert? Wo muss ich denn da was beantragen? Bin mal gespannt, was ich noch alles vergessen habe...
Natürlich habe ich auch noch eine sehr erfreuliche Nachricht: Mein Freund Dirk hat mir ne russische SIM-Karte für mein Handy besorgt. Die Aktivierung war auch schon erfolgreich - nun kann ich wenigstens im russischen Internet um Hilfe rufen, wenn meine Reifen platt sind oder meine Fahrradkette gestohlen wurde ;-)
Letzte Woche sind unsere Reisepässe wieder zurück gekommen - mit einem 4-wöchigen Visum für Russland, das wir beantragt hatten. Dieses Mal habe ich gleich nachgeschaut, ob die Reisepässe auch tatsächlich uns gehören. Aus gutem Grund: Schon einmal wurden unsere Pässe vertauscht und wir hatten von wildfremden Reiselustigen dieselben... Aber nun ist alles gut - die Daten stimmen.
Weitere Punkte der Checkliste können wir abhaken:
Heute habe ich mal den neuen Nellinger Bärenpfad - eine kleine aber sehr interessante Radtour - in Augenschein genommen. An diversen Stationen, es sind insgesamt 10, sind Info-Tafeln mit lesenswerten Beschreibungen der einzelnen Lokalitäten angebracht.
Ich starte bei der Nellinger Andreaskirche. Das große Tor ist geöffnet, ich halte mich halbrechts und entdecke sogleich meine erste Station: Der Schöpfungsgarten, der auf dem alten Friedhof angelegt wurde...
Ich verlasse diesen Ort der Stille, folge dem Bärenpfad, den ich aus dem Internet heruntergeladen habe in Richtung Amstetten...
Die 2. Station ist das Biotop Geckenbuch. Auf der schwäbischen Alb gibt es nicht wirklich viele Biotope. Dies liegt wohl in der Beschaffenheit des Bodens, der Wasser schnell versickern lässt. Die Biotope müssen also sehr gut abgedichtet werden, meist mit Folie, um ein Entschwinden des nassen Elements zu verhindern.
Nach weiteren 800 Metern bremse ich schon an Station Nummer 4: Eine historische Weidesäule. Erst habe ich diese jedoch nicht gesehen, da ich an den ersten Bäumen des auf der rechten Seite beginnenden Waldes an einem Baum ein Bärenpfadschild mit einem Pfeil nach rechts gesehen habe und diesem gefolgt bin. Jedoch bevor ich nach rechts in den Wiesenweg eingebogen bin, hätte ich noch 30 Meter weiter geradeaus fahren sollen...
Nach einigen Metern - es mögen ca. 500 gewesen sein, habe ich dann begriffen, dass ich die Weidesäule doch verschlafen haben musste, drehte um und entdeckte sie schlussendlich doch noch.
Es ist vermutlich der 2. heißeste Tag nach dem morgigen - so meint es zumindest die Nachrichtentante. Erst wechsle ich mal den Standort: Von Emmersdorf nach Tulln.
Tulln ist mit seinen knapp 17.000 Einwohnern doch noch recht übersichtlich und liegt im Süden vom Wiederwald (wobei ich jetzt nicht den Wienerwald meine, in dem man noch vor Jahren die leckeren Brathändl verzehren konnte).
Noch 40 km trennen mich von Wien Und hier - so klingt es aus dem Nibelungenlied - empfing der Hunnenkönig die Kriemhilde (Siegfrids Witwe).
2008 fand in Tulln die Landesgartenausstellung satt und wurde zur beliebten Dauerausstellung. Den Eingang zu dieser Gartenausstellung zu finden, war das Rätsel für den heutigen Tag. Am Eingang zeigt das Thermometer 33 Grad an - da musst du nicht mal in die Pedale treten, um auf der Hautoberfläche kleine Wassertropfen entstehen zu lassen...
Gleich mal vorneweg: Wer sich mit dem Rad auf diese Strecke begeben will, der sollte die Nordroute (also die linke Donauseite) wählen. Zwar führt der Radweg öfters an der doch recht viel befahrenen B3 entlang, aber dann wieder durch super idyllische Dörfchen wie Aggsbach Markt, Willendorf mit der Venus (die muss jeder Mann gesehen haben), Schwallenbach, Weissenkirchen und nicht zu vergessen: Dürnstein. Da fährst du hoch in den Ort und plötzlich ist Stau... Fußgänger und Radler gepaart mit rückwärts fahrenden LKWs zwängen sich durch die Hauptstraße, die kaum breiter ist als ein größerer Lieferwagen mit eingeklappten Außenspiegeln.
In Dürnstein ist zweifelsohne jedes Häuschen, die Kirche, der Friedhof und der Eselssteig sehenswert.
Krems kann lediglich mit noch mehr Touristen in der Fußgängerzone auftrumpfen. Ich jedenfalls habe genug gesehen - ich will ja nicht vertrampelt werden. Also - nichts wie über die Donaubrücke und dann geht es wieder stressfrei nach Emmersdorf zurück- nicht ohne in Mautern meinen Bauch mit flüssigen und festen Nährstoffen (von einer Imbissbude, die ich echt empfehlen kann) versorgt zu haben.
Morgens ist es zwar noch kühl - aber doch nicht so, dass ich meine Angora-Unterwäsche aus dem Schrank holen müsste.
Und wenn ich meinen Blick von der Donau zum Himmel schweifen lasse, dann stelle ich fest , dass am Himmel das schönere Blau klebt als in der Donau.
Der Regen in der vorletzten Nach hat vermutlich doch zu viel Erde von den Hängen in die Donau geschwemmt. Die Farbe ist also nicht blau - ich sage mal "erdig", um das "Trübbraun" dezent zu umschreiben.
Der Plan ist: Erst mir der Fähre über die Donau auf die gegenüberliegende Seite. Dort wartet dann hoffentlich schon die Längsfähre, die mich in 15 Minuten durch die Schlögener Schlinge schippert. Mit dem Rad geht es dann weiter in Richtung Linz.
Nun - das war der Plan... die Realität sah so aus: Die Fähre über die Donau klappte super - jedoch fehlte die von hier startende Längsfähre. 12 Radler*innen dürfen auf diese, ich war die Nummer 10. Die Nummer 1 - eine Frau - telefonierte gerade mit dem Fährmann. Der wollte in einer halben Stunde erscheinen. Das war mir dann doch zu lange Leerlauf - zumal ich schon mit Unterpuls am Rad stand.
frischen Temperaturen geht es dann per Rad vorbei an Inzell (das ist nicht das Inzell mit der Eishalle) und auch vorbei an der Untermühler Schiffsführerschule. Auf der Höhe von Goldwörth mach ich aus 2 Gründen eine 360 Grad Wende: Zum einen wäre Linz 20 km Mehrweg (vielleicht aber doch ein Mehrwert) gewesen und zum anderen signalisierte mir mein Kleinhirn: wenn du jetzt nicht bald ein paar Kalorien einwirfst, dann geht deine Oberschenkelmuskulatur in eine länger anhaltende Streikphase.
Ich lasse mich da in nichts hinein ziehen. Also wende ich und es geht locker zurück. In Aschach fahre ich erst einen auf Plakaten werbenden Gasthof an - doch der hat heute seinen Ruhetag. Dann erspähe ich doch noch ein freies Tischchen an der Promenade.
Ich versorge also meinen Körper mit den für ihn notwendigen Kalorien. Im Anschluss geht es wieder auf fast identischer Route wieder zurück zum Ausgangspunkt - die Schlögener Schlinge.
Eine Bahnfahrt, die ist lustig - eine Bahnfahrt, die ist schön... dachte ich und schon sitze ich im Zug von Straubing nach Vilshofen. Es ist Sonntagmorgen und die Bahn ist seltsamerweise überpünktlich.
Vilshofen hat ca. 17.000 Einwohner und wurde im Jahre 776 erstmals urkundlich erwähnt. Noch vor der Vilsbrücke fällt mir der schlanke Kirchturm der Stadtkirche St. Johannes der Täufer auf.
Der Donauradweg könnte auf dieser Etappe ohne weiteres umgetauft werden in Schotterpistenrisotto mit Umleitungssalat. Kaum ist die erste Umleitung beendet, weist schon ein Schild auf die nächste hin. Teilweise wirklich sehr gut ausgeschildert - teilweise aber auch nicht.
In Deggendorf war die Streckenführung wirklich verwirrend... da ging es mal über eine Brücke und am Ende der Brücke stand ein Hinweisschild, das genau wieder über diese Brücke zurück zeigte. Ohne gesunden Menschenverstand würde ich wahrscheinlich noch heute auf der Brücke hin und her fahren...
Der Blick auf die Donau ist heute nur vereinzelt möglich. Egal - es gibt ja auch schöne Örtchen wie Niederaltaich, Loham oder Reibersdorf mit wunderschönen Einkehrmöglichkeiten.
Kein Nebelwölkchen trübt die frische Morgenstimmung. Von Straubing geht es heute der Donau in Richtung Osten entlang.
Ich habe mich entschieden, soweit zu fahren, bis die Walhalla, die ich am Vortag besichtigte, wieder zu meiner Rechten auftaucht.
Wie... Quellwolken zeigen sich am Himmel? Es war doch bis jetzt zu ein herrlich leuchtendes Blau. In der Zwischenzeit hat sich auch der Wind entschlossen, heute mal etwas kräftiger zu blasen.
Schon nach 40 km stellt sich ein unangenehmes Hungergefühl in meiner Magengegend ein. Wo ist der nächste Biergarten? Mein Navi hilft weiter... so kann ich nach einer Weile doch noch einen schmackhaften Schweinsbrota mit Knödel und Salat vertilgen.
Wem haben wir diesen Ehrentempel zu verdanken? Dem Ludwig natürlich - und zwar dem Ersten - König des Königreichs Bayern. Bereits 1807 ließ er als Kronprinz schon eine Serie von 60 Büsten herstellen - die in einem Ehrentempel ausgestellt werden sollten. Zu dieser Zeit war noch nicht einmal der richtige Bauplatz für seinen Tempel gefunden.
Bevor ich mich wieder an den Fuß des Hügels in Donaustauf begebe, verabschiede ich mich von meinem Namenskollegen (Herzog Bernhard von Weimar).
Nun steht noch Regensburg auf dem Programm. Ich prüfe Luft und Bremsen meines Rädchens und strample die 10 km bis nach Regensburg ohne dass ein Schweißtropfen eine meiner Poren verlassen hätte.
Ein Meisterwerk - und von vielen Touristen bewundert - ist die steinerne Brücke, die in den Jahren 1135 - 1146 erbaut wurde. Sie ist komplett aus Stein und gilt als die älteste Brücke Deutschlands.
Der Dom wurde ca. 100 Jahre nach der steinernen Brücke erbaut.
Der Himmel ist wolkenbedeckt - azurblaue Flecken suche ich vergeblich. aber mein Vertrauen in Petrus ist grenzenlos. Wie sich ne halbe Stunde später herausstellen sollte - eine klare Fehleinschätzung meinerseits. Meine Beinchen sind noch nicht auf Betriebstemperatur, da klopfen schon die ersten Regentropfen gegen meine Brille. Schnell den Regenkittel übergestreift und in die Regenschuhe gehüpft, dann geht es in Richtung Ingolstadt.
Plötzlich - in der Zwischenzeit kommt kein weiteres Nass von oben - stehen 5 Radler*innen auf dem Radweg. Eine Frau - so sieht es zumindest aus einiger Entfernung aus - zieht sich gerade ihre Hose aus. Ich versuche, den Radweg im linken Auge zu behalten, das rechte bleibt an der Radlerin kleben... und mein Gehirn registriert, dass es doch nur die Regenhose ist, die da in Richtung Ferse abgestreift wird.
Also überhole ich die ganze Meute, die sich im gleichen Moment auch wieder auf den Weg (mit Rad) macht. Wie sich im weiteren Verlauf herausstellte, waren es Holländer und wollten - wie ich ja auch - erst mal nach Ingolstadt.
In Ingolstadt schiebe ich mein Rad durch die Fußgängerzone - überrascht war ich dann doch von der Größe. Naja, mit knapp 140.000 Einwohnern und Audi in der Nähe, fällt die "Fuzo" eben entsprechend großzügig aus.
Ich trete weiter bis Vohburg in die Pedale. Hier gibt es ne schmale Brücke über die Donau, die ich vor einigen Jahren schon einmal überquerte - allerdings aus er Gegenrichtung kommend.
Erst um 14 Uhr kann ich auf mein Bike klettern. Die Fahrt von Nellingen nach Neuburg an der Donau hat doch etwas länger gedauert als vermutet. Die Schuld weise ich mal den vielen Baustellen zu - nicht zu vergessen die 2 Umleitungen.
Ok - ich will mich ja nicht beklagen - entschädigt werde ich durch das relativ gute Wetter. Vorhergesagt war ja Regen, Petrus aber hatte wohl seine Gießkanne noch nicht gefüllt.
Das Kloster Neuburg fällt gleich ins Auge. Es liegt auf einer kleinen Anhöhe direkt an der Donau. Errichtet wurde es von Ottheinrich. Weit über 500 Kunstwerke sind im Schloss untergebracht (Waffen, Möbel, Kunsthandwerk, Wandteppiche usw.).
Auf der gegenüberliegenden Donauseite startet der Radweg in Richtung Donauwörth. Erst rolle ich topfeben und mit Unterpuls durch pure Natur. Zwei kleine Anstiege bringen meinen Puls auf Normalbums. In Donauwörth serviert mir die nette Tante vom Eiscafe 3 leckere Kugeln, die wie geschmiert meine Kehle runter kullern und in meinem Körper wohltuende Kühlung verbreiten.
Das Wohnmobil ist aus dem Winterschlaf erwacht und wartet auf Befehle: Die Wettervorhersage ist gut - was nun auch immer "gut" bedeuten soll. Also entschliesse ich mich mal wieder in die alte Arbeitsheimat zu fahren. Immerhin war ich knapp 20 Jahre jeden Montag in aller Herrgottsfrüh (4:45 Uhr) nach Aschaffenburg - oder besser gesagt, nach Kleinostheim bei Aschaffenburg gefahren.
Meist hatte ich mein Bike dabei, um mir nach des Tages Mühe noch die Beinchen in Aschaffenburg und Umgebung zu vertreten...
...und genau das wollte ich mal wieder machen - mir die Beinchen in Aschaffenburg und Umgebung vertreten. Ich beschließe also erst mal nach Wörth zu fahren, das mir von so mancher Veranstaltung in guter Erinnerung ist...
Das alte Rathaus in Wörth - heute Bürgerhaus - um das Jahr 1600 erbaut, war bis 1974 Sitz der Stadtverwaltung. Heute sind in Wörth ca. 5.000 Einwohner untergebracht.
Seit dem 6. Jahrhundert war Wörth Zentrum königlicher Herrschaft. Im 13. Jh. wurde es von den Erzbischöfen von Mainz geleitet.
Im Rahmen der Stadtbefestigung entstand das Obere Tor. Erst war es noch ein Fachwerkbau, dann wurde es in der Mitte des 15. Jh. zum Grenzturm umgebaut. Nach der Zerstörung im 30-jährigen Krieg wurde es 1672 wieder aufgebaut.
Ich habe mich heute für "kurz" entschieden. Die Temperatur dürfte so bei 18 Grad liegen und wenn sich der lästige Ostwind mal etwas zurückziehen würde, wäre es noch viel angenehmer.
Bei der Stadthalle in Aschaffenburg geben die Schausteller ihr Bestes... Der bekannte Fischmarkt startet am 21.04.2022.
Also heute lacht doch mal wieder das Herz. Nachdem Petrus vor 2 Tagen noch dicke Schneeflocken vom Himmel gen Erde schickte, so warf er heute doch sehr angenehme Wärme hinterher.
Also nix wie raus und das Bike gesucht. Ein Blick in die Garage... nee, da wartet es nicht auf mich. Dann runter in den Keller - Volltreffer - da wartet es auf seinen Einsatz. Ich schleppe es die Treppen hoch... und bemerke, dass es immer beschwerlicher wird, das sperrige Teil um die Kurven zu schleppen.
Trotz Sonne streife ich mir erst mal 2 Unterhemden plus Radshirt über. Beinlinge wärmen meine Beinchen, eine Langärmeljacke meine Brust. Und das ist gut so - denn der Ostwind, besonders im Schatten oder bei flotten Abfahrten führt doch dazu, dass sich die Oberfläche der Haut wie bei einer Gans zusammenzieht - auch bekannt als Gänsehaut oder "Hennenkombi".
Später - bei Breitingen - die Lone führt immer noch Wasser, jedoch bedeutend weniger, als im obigen Bild. Und nochmals einen Kilometer weiter ist nur noch das Bachbett zu erkennen, jedoch von Wasser keine Spur.
Kilometerlang zieht sich das Trockental der Lone in Richtung Giengen. Bei Niederstotzingen erblickt ein Teil des Wassers, das sich im löchrigen Karstgestein der schwäbischen Alb unterirdisch seinen Weg suchte. Der andere Teil kommt in der Quelle der Nau bei Langenau an einem Wanderheim wieder ans Tageslicht.
Die Nau - auch warme Ach genannt - fließt nach 21 km bei Günzburg in die Donau. Die Lone fließt erst mal bei Niederstotzingen in die Hürbe, die nach 7 km ihr Wasser in die Brenz schüttet. Die Brenz ergießt sich dann bei Gundelfingen in die Donau...
Ich schlage die Augen auf und blicke direkt durch das Dachfenster des Wohnwagens in den Himmel. Autsch, das sieht noch ziemlich grau aus. Also die Augenlider wieder in die Null-Position gefahren und wieder locker weggedöst...
Beim zweiten Erwachen zeigt sich dann der Himmel schon wesentlich freundlicher: Der Farbton ist vom dristen Grau in ein zartes Hellblau gewechselt. Ich gehe hoch zum Duschen - es ist noch saukalt, das heiße Wasser bringt jedoch meinen Puls auf eine stabile Umdrehungsgeschwindigkeit.
Der gestrige Abend war auch mal wieder sehr abwechslungsreich: Kurz nach 18 Uhr - vollkommen unerwartet - wurde es auf dem Campingplatz schlagartig Nacht. Alle Lichter im Wohnwagen aus, auf dem Campingplatz vollkommene Dunkelheit. Aus dem Radio kam keine Musik mehr (TV gibt es bei mir nicht - ich kann meiner Frau auch ohne TV auf den Wecker fallen).
Natürlich war das auch für die Heizung das Aus. Sie benötigt zwar Gas, aber die Umwälzpumpe, die die Flüssigkeit durch die Leitungen pumpt, versagt ohne Strom jämmerlich. An dieser Stelle schicke ich mal meiner Tochter ein herzliches Danke - sie hat im Wohnwagen mal einige Kerzen zurück gelassen, die nun zum Einsatz kamen...
Nach einer halben Stunde - ein Schlag - und es wurde wieder hell im Saal. Das alte Radio gab sein Bestes und die Umwälzpumpe dreht sich wieder, wie wenn nie etwas gewesen wäre...
Kannst du dir im Urlaub schöneres Wetter vorstellen? Nee - ich glaube nicht - guck dir mal die Bildchen an - ist das nicht ein Traum? Blauer Himmel, weiße Berge, klare Luft...
Also nix wie auf die Loipe. In der Sonne fühlt es sich schon richtig heimelig an. Im Schatten jedoch wird es sofort einige Grad kälter. Und die Loipe, die am Haldensee entlang in Richtung Nesselwängle führt, ist verdammt schattig.
Ich habe mich mal wieder dem Thema "Radreisen" gewidmet. Ich habe alle Originaltracks zusammengetragen, die wir (meine Fau und ich) bei unserer Radreise "Russland, Estland, Lettland, Litauen" befahren haben. Einige Bilder an die Tracks geklebt...
Wenn du Lust hast, dann schau dir einfach mal das Video an - allerdings solltest du dir eine knappe Stunde Zeit nehmen... Falls du selbst so eine Reise planen willst - bei Fragen kannst du mich gerne kontakten.
Ja wer will denn bei dem Sauwetter der vergangenen Tage mit dem Radl eine Runde drehen? Nein, ich bin da nicht dabei, ich streike. Mein Bike ist schon seit einiger Zeit in den wohlverdienten Winterschlaf gefallen und es reicht ihm vollkommen aus, wenn ich es ab und zu im Keller besuche und ihm den Sattel tätschle.
Die Wege sind nass und schlammig, das Rad sieht nach 20 Minuten aus wie Sau und dann darf ich wieder mit Bürste und (kaltem) Wasser den Dreck von meinem Drahtesel bürsten.
Außerdem wird bei jeder Radumdrehung der nasse Match vom Hinterrad in Rotation gebracht und an mein Hinterteil geschleudert. Nach einiger Zeit hält dann die Radhose nicht mehr dicht und schickt die Naßpartikel an meine Hinterteilhaut und das fühlt sich dann gar nicht mehr so prickelnd an.
Also kann es mir doch keine(r) verübeln, wenn ich mal einen Ausflug (geimpft und geboostert) ins Tannheimer
Tal mache, die Unterseite meiner Loipenlatten mit flottem Gleitwachs versehe und dann der Skatingloipe einen Besuch abstatte. Und ganz ehrlich - würdest du nicht auch gerne bei diesem Traumwetter die frische Luft, die nach nachtgefallenem Schnee duftet, genießen?
In Tannheim angekommen, dampfen noch vereinzelt einige Nebelschwaden an den Wäldern des Neunerköpfles hoch. Die 8-er Umlaufbahn, die im Jahre 2000 in Betrieb ging, heißt eigentlich "Vogelhornbahn". Aber Gott und die Welt hat ihr den Namen "Neunerköpflebahn" verpasst - warum auch immer...
Die Vogelhornbahn wurde im Jahre 2000 erbaut und überwindet einen Höhenunterschied von 683 Metern. Die einzelnen Kabinen sind mit einer Geschwindigkeit von 6 Metern pro Sekunde unterwegs - Augenblick - ich rechne das mal kurz um - das sind 21,6 km/h.
Die Meisten können mit einer Geschwindigkeitsangabe von m/sec nix anfangen, jedoch mit km/h schon. Und jeder, der mit dem Bike unterwegs ist, der weiß natürlich, dass 21,6 km/h ganz schön flott ist... und das noch bergauf.
Wenn du von der Talstation in einer Höhe von 1.109 m in die Gondelkabine steigst, dann kannst du diese nach 6:40 Minuten wieder auf einer Höhe von 1.792 wieder verlassen.
Und wenn hier mal eine Menschenschlange vor dir stehen sollte, dann zähle einfach mal die Skifahrer vor dir. Solltest du dann der 1.801 sein, dann darfst du eine Stunde mit deinen Skiern in der Hand warten, bis du in höhere Regionen transportiert wirst (ok - das sind die Zahlen vor Corona).
Die meisten Loipenfreunde bleiben ab Tannheim in der Sonne, das heißt sie nehmen in Tannheim den linken Abzweig in Richtung Grän. Ich bin da noch nie links abgebogen - ich nehme immer die rechte Loipe...
Ja, und warum die rechte Loipe? - Sie ist (nicht an Wochenenden) meist sehr überschaubar frequentiert. Dafür geht die Loipe in den Schatten... und nur diejenigen, die diese Loipe mal bei satten Minustemperaturen gelaufen sind, wissen dass auf dieser Strecke eine Kältekammer durchquert werden muss.
Aber das hat auch Vorteile: Durch die Schattenstrecke sinkt zwar schlagartig meine Körpertemperatur unter meine bisher genossene Wohlfühltemperatur, aber die Geschwindigkeit steigert sich fast unbemerkt, bis meine Wohlfühltemperatur wieder hergestellt ist. Aber ich will ja nicht den Nachteil verschweigen: Durch die gesteigerte Laufgeschwindigkeit steigt auch der Puls - und der hat - zumindest bei mir - einen max. Ausschlag.
Ist der erreicht, dann wird aus dem gerade noch erfreulichen Vortrieb plötzlich Stillstand.