Plan nicht erfüllt - zu hart, zu steil, nicht fahrbahr

Ich stehe morgens im Waschraum und schrubbe meine Zähnchen. Es verspricht wieder ein sonniger Tag zu werden. Immer wenn die Türe aufgeht, kommt ein freundliches "Guten Morgen" oder "buongiorno" oder "Morschn". Das tut doch in der Seele gut, wenn man schon am hellen Morgen von so vielen freundlichen Menschen umgeben ist. 

Da schmeckt das Frühstück dann doppelt gut - Südtiroler Speck, Marmelade, Joghourt (ok, da gibt es bessere). Es ist noch frisch auf dem Campingplatz - die Sonne kommt erst so gegen zehn, halb elf über den Berg. Ich ziehe mir noch ne Tour aus dem Internet auf mein Garmin GPS. 

Als ich die kleine Lok überhole fühle ich mich saugut... Ok, sie steht, aber das ist ja nicht so wichtig...
Als ich die kleine Lok überhole fühle ich mich saugut... Ok, sie steht, aber das ist ja nicht so wichtig...

Die Tour startet in Terlan, sieht auf der Karte zunächst ganz gut aus - und ich kenne einige Orte auf der Höhe von früheren Urlaubsaufenthalten. Also diese Tour aus dem Internet soll es heute sein. Ich schmiere mir noch ne Semmel mit Rügenwalder Wurst. Wenn ich Hunger habe und weit und breit ist keine Kneipe zu sehen, dann hat mir so ne Semmel schon manchmal das Leben gerettet.

Ein Rastplatz am Wegesrand...
Ein Rastplatz am Wegesrand...

Anne und ich starten in Richtung Meran. Meine bessere Hälfte will Lana besuchen, da ist heute ein großes Törggelen angesagt. Nach 17 km trennen sich unsere Wege. Ich nehme den Abzweig nach Terlan, um meinen Track aus dem Internet abzufahren.

Blick auf die Etsch - Über 400 km legt sie zurück...
Blick auf die Etsch - Über 400 km legt sie zurück...

In Terlan ist mal wieder - genau da, wo ich nach rechts abzweigen soll - ne Baustelle. Ich brauche einige Zeit, bis ich dann wieder auf meiner Route bin. Es geht bergauf und die Sonne brennt mir auf den Rücken. An einem Brunnen ziehe ich mir die Arm- und Beinlinge aus, auch die Windweste hat seine Schuldigkeit getan. Ich schwitze wie im Hochsommer - und ich muss nun bis in den 2. Gang zurück schalten. "Den ersten hebe ich mir als Reserve auf" denke ich so bei mir... und schon muss ich wieder schalten. 

So ein Schwachsinn... die Tour war im Internet mit dem Schwierigkeitsgrad "mittel" angegeben. Und nun hänge ich in einem Bergpfad, bei dem selbst geübte Wanderer (ohne Rad) sich ihre Schweißperlen von der Backe lecken würden. In der Zwischenzeit habe ich die Verbindung zwischen meinem Hinterteil und meinem Sattel gelöst und schiebe mein Rädchen immer einen Meter bergauf, dann die Bremsen anziehen, um meinen Körper wieder auf die gleiche Position zu bringen. 

Hast du schon mal nen Hängebrückenbaum gesehen? Er wächst von Erde zu Erde...
Hast du schon mal nen Hängebrückenbaum gesehen? Er wächst von Erde zu Erde...
Sieht aus wie eine Eisenbahnbrücke - ist aber keine...
Sieht aus wie eine Eisenbahnbrücke - ist aber keine...
In der Bildmitte steht meine Radflasche...
In der Bildmitte steht meine Radflasche...

Dann liegt ein Baum über dem Weg, der nun in steilen Wurzelstufen nach oben ansteigt. Ich betrachte meine Situation einen Moment und entscheide mich, die Aktion abzubrechen. Alleine krieg ich nie und nimmer das Rad über die ganzen Wurzeln und dann noch unter dem umgestürzten Baum unten durch. ?Und diese Tour ist mittelschwer? Ich bin stinkesauer und beginne den Abstieg. Wenn ich den Autor von dieser "mittelschweren" Tour treffe, dann jage ich ihn persönlich mit dem Flammenwerfer unter seinem Hinterteil hoch...

Also rolle (oh, sorry - schiebe) ich wieder den gleichen Weg zurück...

Ich muss vermutlich nicht erwähnen, dass ich mich dann in den Apfelplantagen von Terlan noch so richtig verfahren habe. In Aschaffenburg war ich mal im Schönbusch (ein wunderbar schön angelegter, alter Park) im dortigen Irrgarten. Aus dem habe ich schneller wieder raus gefunden als aus diesen Apfelplantagen.

Irgendwann bin ich wieder auf dem Etschtalradweg in Richtung Lana. Ein Telefonat mit meiner Holden verrät mir, dass sie gerade ihren Kalorienspeicher auffüllt.  Und genau das muss ich jetzt auch machen - Kalorien einwerfen, damit mein Bauch wieder zufrieden ist. Ich genieße meinen Semmel mit Rügenwalder und warte, 

Pfarrhaus in Gargazzone
Pfarrhaus in Gargazzone
Geübte Augen erkennen in der Bildmitte die Seilbahn (Schneise, nicht ganz senkrecht) auf Vigiljoch...
Geübte Augen erkennen in der Bildmitte die Seilbahn (Schneise, nicht ganz senkrecht) auf Vigiljoch...

bis meine bessere Hälfte aus Lana runterrollt. Und da ist sie ja schon - mit ungebrochenem Kampfgeist. Ich hätte zwar unterwegs noch gerne in einer  schön sonnigen Buschenschenke ne Pause eingelegt. Aber leider wird mein Flehen nicht erhört (das ist auch gut so, denn sonst wäre ich heute noch nicht zurück). Ich musste also treten, bis zu unserem Campingplatz in Leifers. 

War aber nicht tragisch - heute ist ja Samstag - es ist jede Menge los auf dem Radweg. Die Südtiroler (und natürlich die Touristen) nutzen noch die letzten schönen Tage, um noch einmal in die Pedale zu treten. 


Ganze Rennradrudel ziehen an uns vorbei - oder kommen uns entgegen - das motiviert. Auf den letzten Kilometern geht es nochmal auf die Schattenseite... es wird kalt. Eine Frau kommt uns in einer Art Badeanzug entgegen - die Milchtüten von der sind bestimmt schon gefroren... Ok, das kann mir ja egal sein. Auf dem Campingplatz genieße ich noch die Abendsonne bei einem Bierchen und hüpfe dann unter die Dusche.